Wasserstraße sorgt beim Weltmarktführer für transportlogistische Zuverlässigkeit

Die Ziemann Holvrieka GmbH mit Sitz in Ludwigsburg realisiert Brauereianlagen im mittleren bis oberen Leistungsspektrum. Der weltweite Kundenkreis bewirkt hohe Anforderungen in der Versandlogistik. Nur per Binnenschiff erreichen die großen Brauereitanks zuverlässig die Häfen an der Nordsee und am Schwarzen Meer.

Wasserstraße  sorgt beim Weltmarktführer  für transportlogistische Zuverlässigkeit Bild: Am Produktionsstandort in Bürgstadt werden regelmäßig große Biertanks auf Binnenschiffe verladen.

WIEN. In Bürgstadt am Main gibt es ein Unternehmen mit einer besonderen Verbundenheit zur Transportlogistik auf der Wasserstraße Rhein-Main-Donau. „Ohne die Binnenschifffahrt könnten wir unser Werk sofort schließen“, sagt Klaus Gehrig. Er tut das in der Funktion als Geschäftsführer der Ziemann Holvrieka GmbH. Die Tochtergesellschaft der CIMC Group (China International Marine Group, Shenzhen) ist laut eigenen Angaben Weltmarktführer im Marktsegment für Brauereianlagen und Brauereitanks. Komplettlösungen für die Getränke-, Lebensmittel- und die Chemieindustrie ergänzen die Produktpalette.

Letztes Jahr haben die weltweit rund 50.000 Mitarbeitenden in der chinesischen Unternehmensgruppe einen Umsatz in der Höhe von 12 Mrd. Euro erwirtschaftet. Die Exportquote des Unternehmens mit einer knapp 170-jährigen Geschichte liegt konstant über der Marke von 90 Prozent.

Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ blühte bei Ziemann Holvrieka das Geschäft in den Ländern in Zentral-, Ost- und Südosteuropa. Bei den dort angesiedelten Brauereien bestand ein enormer Modernisierungsbedarf. Ausländische Großkonzerne kauften sich bei den Unternehmen ein und investierten viel Geld in den Ausbau der Produktionsstätten. Damals habe man 80 Prozent des Gesamtumsatzes in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Polen, Russland und in der Ukraine generiert, erinnert sich Klaus Gehrig. Derzeit erhalte man aus dieser produktionstechnisch aufgewerteten Region sporadisch Aufträge wie zuletzt von einem Kunden aus der Ukraine oder von einer Brauerei in Sopron in Westungarn.

In den letzten Jahren betreute der deutsche Mittelständler zahlreiche Projekte in Nordamerika. Auch hier scheint der Höhepunkt mittlerweile überwunden. Umso mehr wiegt für Klaus Gehrig das kürzlich abgeschlossene „Highlight“ in Mexiko. Hier wurde nahe der Grenze zu den Vereinigten Staaten die größte Brauerei der Welt errichtet. Ihre Produktionskapazität von 30 Mio. Hektoliter im Jahr entspricht rund einem Drittel des deutschen Bierkonsums beziehungsweise dem vierfachen Ausstoß der größten deutschen Brauerei. „Dafür wurden tausende Kolli in tausenden Containern über den Atlantik verschifft“, skizziert Klaus Gehrig den auch von zahlreichen internationalen Breakbulk-Abwicklungen gekennzeichneten transportlogistischen Projektumfang.

Dank der globalen Ausrichtung gibt es für Ziemann Holvrieka immer viel zu tun. Aktuell realisiert das Unternehmen Projekte in Brasilien, Mexiko, Mozambique, Vietnam und Kambodscha. Den riesigen chinesischen Markt betreut das Schwesterwerk im Reich der Mitte. Für die im vorigen Absatz erwähnte „Mega-Brauerei von Corona“ wurden in Bürgstadt sechs Sudhäuser und mehr als 200 Tanks mit bis zu 12.500 Hektoliter Fassungsvermögen hergestellt. In Europa liegt der Durchschnittsbedarf bei Neubauten beziehungsweise Modernisierungen bei einem Sudhaus zur Herstellung von maximal 5 Mio. Hektoliter Bier im Jahr und 20 Tanks. Hinzu kommt die von Rohren, Verbindungselementen und diversen anderen Produktgruppen gekennzeichnete Prozesstechnik.

Vor allem die Transporte der Tanks stellen für das von acht Personen gebildete Team im Bereich der Versandabwicklung und Exportdokumentation eine große Herausforderung dar. Zwar bestehen hier Kooperationen mit erfahrenen Logistikdienstleistern. Darunter befinden sich Projektspeditionen und Schwergut-Spezialisten wie die Firmen Hermann Paule, Alfons Köster, KSP, LPL Projects + Logistics oder Bolk Transport. Ihre Fahrzeugflotten sind teilweise exakt auf die Bedürfnisse von Ziemann Holvrieka abgestimmt, zum Beispiel in Form von Kesselbrücken für den Transport von großen Tanks. Allerdings gestalten sich die Genehmigungsverfahren für Sondertransporte in Deutschland langwierig, noch dazu wo der Zustand sogar der hochrangigen Straßenverbindungen immer problematischer wird.

„Das zieht sich bis zu den Mobilkränen durch, die für unsere Projekte in Deutschland oder im europäischen Ausland unverzichtbar sind“, schüttelt Klaus Gehrig den Kopf. In Anbetracht dieser Tatsache sei die Binnenschifffahrt in Verbindung mit dem Rhein-Main-Donau-Kanal für das Unternehmen ein Glücksfall. Damit könne man die bis zu 25 Meter langen und 7,5 Meter breiten Tanks von der eigenen Schiffsanlegestelle in Bürgstadt ausgehend entweder in die ARA-Häfen Antwerpen und Rotterdam oder in die Donau-Anrainerstaaten bis zum Schwarzen Meer verbringen. Von dieser Option machte das Unternehmen zuletzt bei der Belieferung der Brauerei in Sopron Gebrauch. Dabei wurde ein Tank nach Györ-Gönyü verschifft und anschließend mit einem Lkw-Sondertransport zum Zielort überstellt.

Obwohl der Rhein-Main-Donau-Kanal für Ziemann Holvrieka aufgrund der zuletzt geringeren Anzahl an Aufträgen aus dem Wirtschaftsraum in Zentral-, Ost- und Südosteuropa an Bedeutung verloren hat, „bleibt die Binnenschifffahrt für uns unverzichtbar“, betont Klaus Gehrig. In diesem Zusammenhang stellt er den Reedereigesellschaften ein gutes Zeugnis aus. Demnach treten bei den Transporten auf der Wasserstraße selten Verspätungen auf, was insbesondere bei der Abwicklung der Logistikketten nach Übersee ein Vorteil sei. Würde man nämlich die Abfahrt eines Hochseeschiffs verpassen, könnte das teure Folgewirkungen bis zu den Montageteams an den Lieferorten haben.

Von der langen Niedrigwasserphase im Sommer und Herbst des Vorjahres blieb die Transportlogistik des Unternehmens weitgehend unberührt. „Wir bringen acht Biertanks mit Stückgewichten in der Bandbreite von 20-30 Tonnen auf ein Binnenschiff. Das macht inklusive der Beiladungen maximal 400 Tonnen Nutzlast aus“, erklärt Klaus Gehrig. Schwerer wiegt für Ziemann Holvrieka Hochwasser am Rhein-Main-Donau-Kanal. Dann kann es passieren, dass die bis zu 7,5 Meter hohen Brautanks nicht mehr unter den Brücken durchpassen und die Transporte zum Erliegen kommen. Dagegen findet sich das Unternehmen mit den oft kritisierten Schleusenrevisionen insofern ab, als man die Produktion nach einer rechtzeitigen Vorankündigung darauf abstimmt. „Das ist für uns eine lösbare Aufgabe“, stellt Klaus Gehrig fest.

JOACHIM HORVATH

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