Hafen Rijeka bekommt einen echten „Game Changer“

Im kroatischen Seehafen Rijeka läuft ein ambitioniertes Programm zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsposition im Segment Container. Um insgesamt mehr als 500 Mio. Euro entsteht ein leistungstarkes Tiefwasserterminal mit zahlreichen begleitenden Baumaßnahmen.

Hafen Rijeka bekommt einen  echten „Game Changer“

Von draußen strömt eine milde Brise in das Büro von Denis Vukorepa. Aber das scheint der Executive Director der Port of Rijeka Authority gar nicht zu bemerken. Lieber erläutert er dem Besucher, was es in dem Hafen in der nördlichen Adria geschlagen hat. Bis vor kurzem war das für Kroatiens Tor zur Welt eher ein Trauerspiel. So ziemlich jede Containersendung mit Ziel- oder Quelldestination in Zentral- und Osteuropa ging an Rijeka vorbei. Vor allem Koper schlug daraus gebührend Kapital, aber auch Triest bekam seinen Anteil ab. Hingegen kam Rijeka nur fallweise zum Zug. Doch nun könnte sich das Blatt wenden. Denn je stärker die Containerterminals in Koper, Triest und Venedig ausgelastet sind, umso geringer ist ihre Flexibilität hinsichtlich der Berücksichtigung von Kundenwünschen.

Für Rijeka ist das eine mehr als erfreuliche Situation. „Es ist ein kleines Wunder, dass es uns als Containerhafen überhaupt noch gibt“, bemerkt Denis Vukorepa im Gespräch mit der Zeitschrift LogEASTics. Seiner Feststellung liegen mehrere Sachverhalte zugrunde, die zahlreichen Lesern wahrscheinlich schon entfallen sind. Noch in den 1980er Jahren war Rijeka ein wichtiger Hafen für den Containerverkehr in der nördlichen Adria. Damals spielte Koper bestenfalls eine Nebenrolle.

Das änderte sich mit dem Jugoslawien-Krieg und mit der Auflösung der Reederei Croatia Line, die vormals als Jugolinija firmierte. Als Folge davon stand der Hafen Rijeka im Jahr 1999 mit einem Jahresumschlag von 4.000 TEU da. Seither ist das Volumen auf 260.000 TEU in 2018 gestiegen. Das liegt deutlich unter den Vergleichswerten in Triest und Koper, doch in beiden Häfen sind die Containerterminals sehr gut ausgelastet – und für Denis Vukorepa sind vorerst keine großen Ausbaumaßnahmen in Sicht.

Dafür geht jetzt in Rijeka aus mehreren Gründen die Post ab. Erstens gibt es am Adriatic Gate Containerterminal noch eine Kapazität für 300.000 TEU zusätzlichen Jahresumschlag. Das lockt die Reedereien und Bahnoperateure an. Am 12. März wurde der erste Blockzug der Cosco Shipping Line nach Budapest abgefertigt. Weitere Abfahrten sollen folgen. Und zweitens entsteht in Rijeka ein neuer Tiefwasserhafen. Die erste Etappe des Zagreb Container Terminals soll mit einer 400 Meter langen Kaje und mit zumindest 600.000 TEU Jahreskapazität 2021 den operativen Betrieb starten.

In einer zweiten Etappe besteht die Möglichkeit zur Erweiterung des Zagreb Deep Sea Terminal auf 700 Meter Kaje und rund 1 Mio. TEU Jahreskapazität. Begleitet wird das alles von Maßnahmen zur Optimierung und Leistungssteigerung der Straßen-/Bahnanbindungen. Mehr als 500 Mio. Euro Investition sind dafür vorgesehen, größtenteils finanziert von der Europäischen Union (CEF). Für Denis Vukorepa ist das alles ein echter „Game Changer“ in der nördlichen Adria. „Oder ist ihnen ein anderer Port mit einem annähernd gleich großem Ausbauprogramm bekannt?“, stellt er als Frage in den Raum.

Man sei der einzige Hafen in der nördlichen Adria mit ausreichender Kapazität für die Bewältigung von steigenden Containermengen, betont Vojko Kocijan, sein Kollege vom Business Development gegenüber dieser Zeitung. Was das im Detail bewirken kann, zeigt ein Blick auf die Mengenentwicklung im Jänner/Februar 2019. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Containerverkehr um 15 Prozent zugelegt. Über einen längeren Zeitraum rechnet Denis Vukorepa mit einer Zunahme der Ladungsströme um 10 Prozent pro Jahr. Das könne mittelfristig nur Rijeka bewältigen, lautet seine Einschätzung. Zumindest die Bahnanbindungen bestätigen das. Wurden in Rijeka vor zwei Jahren gerade einmal zwei Blockzug–Rundlaufverkehre in der Woche abgefertigt, so hat sich das Angebot bis heute verfünffacht. Damit kündigt sich für 2019 ein Bahnanteil von 40 Prozent an, der bis 2021 auf 60 Prozent steigen soll. Damit dieses Szenario eintritt, muss der kroatische Hafen sein Engagement im Hinterland aber gehörig verstärken.

Zumindest in Österreich war davon in den letzten Monaten und Jahren wenig zu bemerken. Umso wohlwollender und auch gastfreundlicher wurde am 20. März eine Delegation der Außenwirtschaft Austria zu einer Präsentation empfangen. Dabei kam insbesondere die gute Zusammenarbeit mit der Rail Cargo Group zur Sprache, die sich aktuell auf Bahnshuttles von und nach Ungarn konzentriert.

Worauf sich die Containerreedereien, Bahnoperateure, Logistikunternehmen und Verlader in Rijeka in Zukunft einstellen können, dokumentieren die an die Teilnehmer der Österreich-Delegation ausgehändigten Unterlagen. Darin bekräftigt der Hafen Rijeka seinen Anspruch auf die führende Position als Seehafen für den Containerumschlag in der nördlichen Adria. Dafür sind die im Kasten auf dieser Seite in englischer Sprache ausführlich dargestellten Maßnahmen vorgesehen.

So soll der Hafen Rijeka den Status als „first port of call“ in der Nord-adria erlangen. Momentan sei man noch die Nummer 3 hinter Koper und Triest, so Denis Vukorepa. Aber das werde sich schon sehr bald ändern.

JOACHIM HORVATH

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