Die eiskalten Spezialisten versprühen soziale Wärme

Was 1993 mit der Gründung der Eskimo-Iglo Tiefküllogistik GmbH begonnen hat, ist heute einer der führenden Anbieter für temperaturgeführte Lebensmittellogistik in Österreich. In den letzten Jahren hat die TKL-Gruppe ein starkes Standbein im Ultrafrische-Segment etabliert. Jetzt laufen Pläne für ein Investment in Wien.

Die eiskalten Spezialisten  versprühen soziale Wärme Bild: Das Warenverteilzentrum der TKL-Gruppe beherbergt auf 16.000 m² Tiefkühlfläche rund 2.500 gelagerte Artikel.

WIEN. Das Gespräch mit Wilhelm Leithner neigt sich dem Ende zu, als dieser eine unerwartete Feststellung trifft. Es sei schade, dass in Österreich im Vergleich zu Deutschland viel zu wenig Werbung für tiefgekühlte Lebensmittel gemacht werde. Dabei könnten diese Produkte mit ihrer Haltbarkeitsdauer in der Bandbreite zwischen 12 und 24 Monaten einen Beitrag zur Eindämmung der Entsorgung von nicht konsumierten Speisen und Getränken leisten, sagt der Geschäftsführer der TKL-Gruppe. Er tut das aus tiefster Überzeugung heraus, weil die Vernichtung von Nahrungsmitteln zu den schwersten Sünden der Menschheit zählt. Ganz zu schweigen von den schrecklichen Bildern von Kleinkindern in der Dritten Welt, die noch immer wegen Unterernährung und Wassermangels sterben.

Wer dem TKL-Chef schlecht gesonnen ist, könnte aus seiner Bemerkung den Schluss ziehen, wonach ihm nur der Sinn nach dem Ausbau des Geschäftsvolumens steht. Schließlich gehört seine Firmengruppe mit 560 Mitarbeitenden in vier Warenverteilzentren sowie 12 Verteilerstützpunkten zu den führenden Anbietern im Marktsegment der Tiefkühl-, Ultrafrische- und Frischelogistik in Österreich. Gestützt auf 38.000 m² Lagerfläche – darunter 37.000 Palettenstellplätze für tiefgekühlte Produkte – und den aus 130 Fahrzeugen bestehenden Eigenfuhrpark werden im Auftrag von Handelsketten, Lebensmittelproduzenten und Systemgastronomie-Spezialisten umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Transport, Lagerung, Kommissionierung und Feinverteilung erbracht.

Mit dieser Strategie betätigt sich die TKL-Gruppe seit mehr als 25 Jahren erfolgreich in der temperaturgeführten Lebensmittellogistik. „Mitte der 1990er Jahre gingen gerade einmal 400 Tiefkühlprodukte über die Ladentische des österreichischen Handels. Heute betreuen wir in unseren Warenverteilzentren in Wien Donaustadt und Salzburg Bergheim etwa 5.400 Artikel. Vor allem das Sortiment im Bereich der teilweise sehr voluminösen Backwaren ist in der jüngeren Geschichte sprunghaft angestiegen“, berichtet Wilhelm Leithner. Allen Produktgruppen gemeinsam seien zudem die kontinuierlich steigenden Mengen. Als Reaktion darauf macht sich das Management-Team der TKL-Gruppe bereits Gedanken über ein Investment am ehemaligen Logistikstandort von Wein & Co in der Hermann Gebauer Straße, den das Unternehmen im Jahr 2018 erworben hat.

Zieht man dazu noch das Streben der Verantwortlichen nach einer vernünftigen Expansion und die strengen Auswahlkriterien der Industrie- und Handelsunternehmen im Hinblick auf die wirtschaftliche Stabilität auch der Lieferanten aus dem Kreis der Transport- und Logistikdienstleister in Betracht, dann erübrigt sich der Verdacht, wonach Wilhelm Leithner die in der Einleitung erwähnte Bemerkung aus reinem Geschäftsinteresse getroffen haben könnte. Dazu ist seine Unternehmensgruppe viel zu gut beschäftigt. Im laufenden Jahr werden 645.000 Lieferungen mit 250.000 Tonnen Gesamtgewicht zu 7.800 Adressen im Bundesgebiet durchgeführt. Darunter befinden sich 154.000 Tonnen kommissionierte Ware.

Wer auch in diesem Einwand ein Scheinargument sieht, den kann wohl nur mehr der Fahrermangel überzeugen. Wie den meisten Logistikunternehmen in Österreich drohen auch der TKL-Gruppe die erfahrenen Lkw-Lenker auszugehen. Die Profis in dieser Disziplin werden zusehends älter. Nachwuchskräfte sind rar und noch dazu sehr wechselwillig. Wenn ihnen ein Transportunternehmen ein finanziell attraktiveres Angebot unterbreitet, wechseln sie den Arbeitgeber. Das ist für Wilhelm Leithner insofern verständlich, weil sich die jungen Menschen eine Existenz aufbauen wollen. Doch ihn und seine Branchenkollegen bringt das in ein ernstes Dilemma, „von dem wir im Wirtschaftsraum Westösterreich besonders stark betroffen sind“. Dazu kommt der Mangel an erfahrenen Disponenten, die für die Lkw-Fahrer jederzeit erreichbar sind.

Als mittelständischer Dienstleister in der Nische der temperaturgeführten Transport-, Lager- und Distributionslogistik ist die TKL-Gruppe auf Mitarbeitende mit Fachkenntnissen über die Branchenspezifikationen angewiesen. Wenn sich eine Stammkraft egal aus welchem Grund beruflich verändert, dauert es seine Zeit bis sich der oder die Nachfolger eingearbeitet haben. Das gilt insbesondere für die Kunden aus der Systemgastronomie, deren Einkäufer vorzugsweise einen Komplettanbieter für sämtliche Temperaturbereiche von der Auftragsannahme bis zur Rechnungslegung im monatlichen Intervall beschäftigen. Wenn da eine Fachkraft oder schlimmer noch ein ganzes Team von Bord geht, ist das für das betroffene Unternehmen bitter. Umso vehementer versucht das TKL-Managementteam die Mitarbeiter durch respektvollen Umgang, zusätzliche Sozialleistungen und vor allem ein angenehmes und familienfreundliches Betriebsklima langfristig an die Firmengruppe zu binden. Ein Beispiel dazu ist das schon traditionelle „Rampenfest“, zu dem die Geschäftsleitung alle Mitarbeiter und deren Angehörige ins Festzelt lädt. An die 400 Gäste feiern dann mit der Geschäftsführung die erfolgreich bewältigte Saison. Die TKL-Gruppe kommt, wie aus dem Firmennamen abzuleiten ist, aus der Tiefkühllogistik. Wer in diesem Segment mit Unterstützung durch moderne Technologien die Temperaturvorgaben von zumindest minus 21 Grad Celsius in der Lagerlogistik samt Kommissionierung und minus 18 Grad Celsius bei den Transporten einhält, kann theoretisch wenig falsch machen – vorausgesetzt er schleust die entsprechende Grundmasse durch sein Netzwerk und sorgt so für eine hocheffiziente Tourenabwicklung. Insofern schätzt Wilhelm Leithner die Gefahr des Österreich-Eintritts eines internationalen Mitbewerbers als gering ein, „weil da automatisch hohe Anlaufkosten in einem grundsätzlich besetzten Markt entstehen“, wie er zu bedenken gibt.

Stark an Bedeutung gewonnen hat für das Wiener Unternehmen mit zuletzt rund 90 Mio. Euro Jahresumsatz die Logistik für Ultrafrische-Produkte im Temperaturspektrum von 1-4 Grad Celsius. Dieses von Frischfisch, Frischfleisch sowie von fix und fertigen Obst- und Gemüseprodukten geprägte Marktsegment wächst seit geraumer Zeit besonders stark. Jedoch sind die logistischen Anforderungen enorm. Normalerweise wird die unltrafrische Ware am Tag A bis um 16 Uhr abgeholt und trifft am folgenden Morgen bis spätestens um 8 Uhr an den Lieferstellen im ganzen Bundesgebiet ein. „Hier würde uns der Wegfall der Nacht-60er Beschränkung für den Lkw-Schwerverkehr bei der Bedienung der Märkte in Kärnten, Osttirol, Tirol und Vorarlberg sehr helfen, wo unsere Lkw doch heute von den umweltfreundlichsten Motoren angetrieben werden“, reflektiert Wilhelm Leithner, diesmal aus einem begründeten Eigeninteresse heraus.

JOACHIM HORVATH

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