Lineas will in Österreich verstärkt Akzente setzen

Mit dem GreenXpress-Netzwerk schlägt die in Brüssel ansässige private Güterbahn Lineas ein neues Kapitel in der europäischen Bahnlogistik auf. In Österreich ist die Kombination von konventionellen und intermodalen Ladungen in hochfrequenten Ganzzügen noch ausbaufähig. Doch allein der Klimaschutz spricht dafür.

Lineas will in Österreich  verstärkt Akzente setzen Bild: Zum GreenXpress-Netz der privaten Güterbahn Lineas gehören aktuell 15 Verbindungen in Europa.

WIEN. Es sind zweierlei Herausforderungen, auf die sich das belgische Bahnfrachtunternehmen Lineas eingelassen hat. Zum einen durchläuft die Gesellschaft den Wandel von einem ehemaligen Staatsbetrieb zu einem flexiblen Anbieter von Traktionsleistungen auf der Schiene in Europa. Man muss sich das wie die Renovierung eines alten Schlosses vorstellen. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern dauert etliche Jahre. Zum anderen will die Güterbahn mit aktuell 250 Lokomotiven, rund 7.000 Bahnwagen und 1.900 Mitarbeitenden an eigenen Standorten in Belgien, Niederlande, Deutschland, Frankreich und Italien einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, ohne dass dabei die Mobilitätsbedürfnisse der Kunden zu kurz kommen.

Letzteres lässt sich mit der Bereitstellung von Konkurrenzszenarien zu den Produkten der Staatsbahnen schwer bewerkstelligen. Deshalb beschreitet Lineas seit der Etablierung der Marke im Jahr 2017 einen alternativen Weg. Dabei stützt sich die Privatbahn mit zuletzt rund 500 Mio. Euro Jahresumsatz auf das sogenannte GreenXpress-Netzwerk. Es bietet Haus-Haus-Verbindungen, gestützt auf schnelle und hochfrequente Ganzzug-Direktverkehre für bahnaffine Güter aller Art, egal ob diese per Einzelwagen, Waggongruppen oder mit intermodalen Transporteinheiten befördert werden. Dafür bestehen derzeit 15 Bahnachsen in ganz Europa, die sehr auf Antwerpen zentriert sind. Doch es gibt Pläne für den Aufbau sowohl von Verbindungen von den Niederlanden nach Deutschland und Polen als auch für die Etablierung einer zweiten Drehscheibe im Ruhrgebiet.

Zumindest gedanklich scheint das Projekt im Großraum Duisburg schon weit fortgeschritten zu sein. „Hier könnten wir die Güterströme auf den Verbindungen von und nach Antwerpen oder Rotterdam mit deutschen Ladungen zu Zugprodukten mit Vollauslastung verdichten und parallel dazu unseren Aktionsradius in weitere Wirtschaftszentren ausdehnen“, sagt Jan Elfenhorst. Als Director European Sales & Business Development und General Manager Germany bei Lineas glaubt er fest an die Erfolgschancen des Produktionssystems der europäischen Güterbahn. Jedoch hat sich das noch nicht im gewünschten Umfang bis zu den Kunden durchgesprochen.

So erlebt das Unternehmen zum Beispiel in Österreich eine Berg- und Talfahrt. Es gab hier vielversprechende Anfänge auf den Verbindungen von und nach Wels, Graz und Wien. Allerdings musste das Angebot aufgrund von Schwierigkeiten bei der Erstellung von paarigen Verkehren reduziert werden. Dadurch bedingt stehen momentan wöchentlich vier bis fünf Rundläufe auf der Verbindung zwischen Antwerpen und dem UKV-Terminal im Hafen Wien Freudenau auf dem Programm. „Wir kommen im ausgehenden Verkehr ex Österreich schwer an konventionelle Ladungen heran“, bemerkt Jan Elfenhorst im Gespräch mit dieser Zeitung. „Mit ein Grund dafür könnte sein, dass die Logistikleiter in der verladenden Wirtschaft unseren Servicelevel für die Traktion von Einzelwagen und Waggongruppen unterschätzen.“

Deshalb steckt man bei Lineas aber nicht den Kopf in den Sand. „Wir bleiben in Österreich auf jeden Fall weiter am Ball und setzen dabei konsequent auf unsere GreenXpress-Verkehre“, betont Jan Elfenhorst. Alleine mit den intermodalen Transportkonzepten lässt sich für die Bahngesellschaften schwer Geld verdienen. Erst die Kombination der Containerverkehre mit Chemie-, Mineralöl-, Stahl-, Holz- sowie Papierladungen in Einzelwagen oder Waggongruppen in hochfrequenten und schnellen Zugsystemen führt zu vernünftigen Erträgen. Voraussetzung dafür ist das Handeln der Verlader nach dem Prinzip der „total cost of ownership“, begleitet vom Bestreben nach der Senkung des „working capital“.

Grundlage für das Funktionieren des beschriebenen Modellansatzes sind Terminals mit der Befähigung zur Abfertigung von konventionellen und intermodalen Transporteinheiten. „Wenn wir dazu auch noch zwei bis drei Großkunden für die Grundauslastung der jeweiligen Zugprodukte finden, sind die Erfolgschancen für unsere GreenXpress-Dienste schon sehr gut“, sagt Jan Elfenhorst. Besagter Klientel stellt er einen Service für die Abwicklung von Waggongruppen mehrmals pro Woche in Aussicht, bei dem ein hohes Maß der Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Nicht einmal die relevantesten Bahnverlader könnten jede innereuropäische Transport-relation mit Ganzzügen abdecken, weiß er aus Erfahrung.

Umso mehr bemüht man sich bei Lineas, intermodale Qualität in die konventionellen Bahnverkehre zu implementieren. Was das heißt und was das bewirken kann, zeigt der vor einem Jahr gestartete GreenXpress-Service auf der Verbindung von Genk in Belgien nach Curtici in Westrumänien. Der Shuttlezug für Tankcontainer, klassische intermodale Transportbehältnisse und für konventionelle Bahnfrachten verkehrt bereits fünfmal pro Woche im Rundlauf. Die Laufzeit beträgt 36 Stunden im Vergleich zu den früher kalkulierten drei bis vier Tagen im Einzelwagenverkehr. Das ergibt zumindest eine Halbierung der Transportdauer. Für Jan Elfenhorst liefert das die Grundlage für die Etablierung einer Bahnlogistik 4.0, wobei diese Kernbotschaft noch in die Köpfe von zahlreichen Logistikmanagern und Versandleitern vordringen muss!

JOACHIM HORVATH

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