WIEN. „Es geht uns gut. Wir verzeichnen ein starkes Geschäftsjahr 2019“, ist KommR Ernst Haiböck guter Dinge. Sein Unternehmen, die ECS Eurocargo Speditionsgesellschaft m.b.H., besteht seit fünf Jahren. Kerngeschäft ist die Organisation und Abwicklung von Schienengüterverkehren, geprägt von einer sehr starken Integration in die Produktgruppen der Kunden aus den Branchen Stahl, Montangüter, Mineralöle und Chemie. Für sie entwickelt und betreut der Wiener Schienenspediteur transportlogistische Gesamtlösungen unter Einschluss der Tätigkeitsbereiche Vor-/Nachlauf, Anmietung von Waggonflotten und Umschlag von Normal- auf Breitspur.
Verkehrsgeographisch besteht bei ECS Eurocargo eine Fokussierung auf die Visegrad-Staaten und die noch weiter östlich gelegenen Länder. Da muss man als Bahnspedition schon tief in der Materie verwurzelt sein, um den anspruchsvollen Kunden einen guten Service bieten zu können. Noch dazu, wenn man so wie das Wiener Unternehmen langfristige und nachhaltige Kooperationen anstrebt. Dafür umgibt sich Ernst Haiböck mit Spezialisten, die zum Beispiel die internationale Schienenspedition von 120 Meter langen Schienen quer durch ganz Europa beherrschen. Das erfordert umfassende Kenntnisse sowohl über das Wagenmaterial als auch über die Beschaffenheit von Waggonaufbauten.
Als mindestens ebenso wichtig hebt Ernst Haiböck die persönlichen Kontakte zu den Repräsentanten der Cargo-Bahnen hervor. Zwar ist die Bedeutung mancher Staatsbahnen zuletzt stark gesunken. Insbesondere hat die Liberalisierung des Schienengüterverkehrs auch in Osteuropa zu verschärften Wettbewerbsszenarien geführt, was einigen der früheren „Monopolisten“ arg zusetzt. Ihre Aktivitäten waren lange Zeit auf die Erfüllung der nationalen Bedürfnisse gerichtet. Daher fehlt den Gesellschaften heute teilweise das Know-how für die erfolgreiche Geschäftstätigkeit auf den grenzüberschreitenden Verkehrsmagistralen. Erschwerend wirken außerdem die, im Vergleich zu Westeuropa, mangelhaft ausgestatteten IT-Systeme zur Planung und Steuerung der Verkehre und die Defizite im Bereich der Infrastruktur.
Mit dem zuletzt genannte „Phänomen“ müssen sich die Bahnspeditionen in bestimmten Gebieten in Ost- und Südosteuropa wohl noch längere Zeit abfinden. Es besteht ein Engpass an Investitionsprojekten in die Modernisierung der Waggonflotten. Die für die Schieneninfrastruktur national und international zur Verfügung gestellten Finanzmittel scheinen unkoordiniert eingesetzt. So gab es bis vor kurzer Zeit nur einen elektrifizierten Grenzübergang zwischen Deutschland und Polen „Dafür hat sich die Situation bei den Triebfahrzeugen enorm verbessert“, bemerkt Ernst Haiböck im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Konkret spricht er damit die Multisystemlokomotiven für Einsätze in mehreren Ländern an. Durch sie erübrigt sich der Wechsel der Traktionspartner, was die Grenzaufenthaltszeiten deutlich reduziert.
Doch auch diese Maschinen können ihr Leistungsvermögen nur teilweise abrufen. Ernst Haiböck: „Auf manchen Abschnitten beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit aufgrund der schlechten Streckenbeschaffenheit nur 30 Stundenkilometer. Ganz schlimm ist manchmal die Situation im Bereich der Nebenbahnen.“ Umso mehr schätzen er und sein Team die Zusammenarbeit mit Güterbahnen mit einem westlichen Serviceverständnis wie zum Beispiel die LTE-group, RCG oder die CD Cargo. Das hält ihnen zumindest bei der Abwicklung der Traktionsleistungen den Rücken frei. Hingegen müssen sie bei den Güterwagen zukünftig wohl vermehrt auf das moderne aber kostspieligere Equipment der Privatwagenvermieter zurückgreifen, weil den Staatsbahnen aufgrund der rückläufigen Umsätze die Finanzmittel für die Instandhaltung und Modernisierung der Waggonflotten fehlen oder verloren gehen.
Grundsätzlich sei das Geschäft durch den Wegfall der Zollgrenzen im Jahr 2004 viel leichter geworden, stellt Ernst Haiböck fest. „Dafür sind wir zunehmend in eisenbahnoperative Prozesse eingebunden“. Jedoch wurde diese Entwicklung vom stetigen Verfall der Frachtraten begleitet. Wenn die Staatsbahnen aus Kostengründen gewisse Relationen nicht mehr bedienen können, findet sich selten ein privater Traktionär zur Füllung der Lücke. „Auf manchen Länderrelationen sind die Schienenfrachtraten mittlerweile am Boden“, verlautet dazu seitens ECS Eurocargo. Diese Botschaft ist an die, um eine weitere Absenkung der Logistikkosten bestrebten, Großverlader gerichtet. Mittlerweile geht es auch darum, sich mittel- bis langfristig ausreichend Bahnressourcen zu sichern.
JOACHIM HORVATH