Österreichs Bundesregierung, speziell die dafür verantwortliche Verkehrsministerin Leonore Gewessler, müsse endlich die reale Bedeutung des Güterverkehrsträgers Straße für eine ökologische Zukunft erkennen. Diese Feststellung traf Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik (ZV), bei einem Pressegespräch in Wien.
Daran geknüpft ist die Forderung nach dem Mix unterschiedlicher Antriebsformen, besserer Aerodynamik, dem Ausbau der Intermodalität und der Reduktion von Umwegverkehren, womit sich ab sofort sehr viel erreicht ließe. „Die Logistikwirtschaft kann hier enorm viel bewirken, benötigt für die Einführung neuer Technologien aber Investitionssicherheit und nachhaltige Rahmenbedingungen“, lautet eine zentrale Forderung des ZV.
Für Alexander Friesz müssten zur Erreichung der Klimaziele auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf einen CO2-neutralen Straßengütertransport ausgerichtet werden. Das gehe von der Mautbefreiung klimafreundlicher Fahrzeuge über steuerliche Anreize und Förderungen bis hin zur Anpassung von Fahrverboten.
In technischen Belangen betreffe es die Erhöhung der Fahrzeugkapazität durch Zulassung längerer Fahrzeuge und zusätzliche Fahrzeugeinheiten. So könnten Autotransporter mit der gleichen Zugmaschine mehr Autos transportieren, aerodynamische Aufbauten den Energieverbrauch stark verringern oder auch Lang-Lkw aus drei Fahrzeugen zwei machen und so ebenfalls viel Energie und damit Emissionen einsparen. In Summe seien allein damit Emissionsverringerungen im zweistelligen Prozentbereich möglich.
Wesentliche Potenziale könnten mit dem Einsatz batterieelektrischer Fahrzeuge auf kürzeren Strecken wie etwa im städtischen Verkehr gehoben werden. Die bereits verfügbare Technologie kann bis 2030 ein Einsparungspotenzial von rund einer Million Tonnen CO2-Äquivalent nützen und im Jahr 2050 über 3,3 Millionen Tonnen.
Jedoch besteht hier noch eine Reihe bekannter Defizite – von zu langen Batterieladezeiten über die Umweltbelastung bei der Erzeugung und den oft noch klimaschädlichen Strommix bis hin zur schwankenden Netzstabilität und Verfügbarkeit von Solar- und Windenergie. „Um diese Einsparungsmöglichkeiten zu nützen, müssen unter anderem Kaufanreize wie Steuervergünstigungen gesetzt oder spezielle Park-, Halte- und Ladezonen eingeführt werden“, schreibt der ZV in einer Aussendung.
Außerdem brauche es einen eigenen Strategieplan für Batterieelektrik-Fahrzeuge, um sowohl die Forschung & Entwicklung als auch den Infrastrukturausbau mit Ladestationen, Stromnetz und grüner Stromerzeugung massiv voranzutreiben. ZV-Vizepräsident Peter Umundum: „Die Paketdienstleister beweisen, wie rasant sich eine Branche auf neue Herausforderungen einstellen und diese meistern kann, wenn Technologie und Rahmenbedingungen stimmen. Dabei zeigen wir als Branche heute schon, was mit dem Ausbau der E-Flotte in puncto CO2-Einsparung alles möglich ist.“
Elektromobilität ist aus heutiger Sicht keine geeignete Lösung für den Schwer- und Langstreckenverkehr. Wasserstoffantriebe verfügen hingegen über großes Potenzial, werden jedoch für die technologische Entwicklung und die wirtschaftliche Herstellung von Grünem Wasserstoff noch einige Jahre benötigen. Für CO2-reduzierende Effekte bis 2030/2040 müssen vorhandene Technologien wie LNG, bessere Aerodynamik, Leichtbau, flexiblere Längenmaße und Gewichte, als auch andere Übergangstechnologien wie synthetische Kraftstoffe zugelassen und aktiv gefördert werden.
Bis 2050 könnte Wasserstoff zum wichtigsten Energieträger auf der Langstrecke werden. Bei großflächiger F&E-Förderung in den Bereichen Wasserstofferzeugung, Brennstoffzellen und Fahrzeuge wäre 2050 ein Einsparungspotenzial von 3,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent möglich. Zur Erreichung dieses Ziels sollten Pilotprojekte für den Schwerverkehr gestartet und ein Strategieplan für die Bereitstellung von Tankstellen-Infrastruktur sowie die Distribution und Erzeugung von Grünem Wasserstoff entwickelt werden.
Auch die Förderung der Anschaffung und des Betriebs wasserstoffbetriebener Fahrzeuge, eine völlige Mautbefreiung und die Befreiung von Fahrverboten wären wichtige Bestandteile einer solchen Strategie. Um die CO2 Emissionen auf null zu reduzieren, wird es aber auch bis 2050 einen Mix aus den bereits genannten Technologien und Maßnahmen benötigen.
Zumindest bis die Herstellung von grünem Wasserstoff in ausreichendem Maße sichergestellt werden kann, sollte im Langstreckenverkehr schnellstmöglich die marktreife und von Ländern wie Deutschland oder Italien massiv geförderte LNG-Technologie (Liquefied Natural Gas / verflüssigtes Erdgas) genutzt werden. ZV-Vizepräsident Wolfram Senger-Weiss: „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und warten, bis ausschließlich sauberer, grüner Wasserstoff vorhanden ist. Es gilt jetzt zu handeln und in den kommenden Jahren den Boden für diese Technologien aufzubereiten.“
Die jährlichen Einsparungen durch LNG werden sowohl für 2030 als auch 2050 mit 750.000 Tonnen CO2-Äquivalent beziffert, bei verstärktem Einsatz von Biogas oder synthetischem Gas wäre sogar noch mehr möglich. Wolfram Senger-Weiss zur aktuellen Herausforderung: „Wir brauchen jetzt eine nationale Umsetzungsstrategie für alternative Antriebe und müssen die Klima-Investitionen der Betriebe sichern.“
Allen Verlagerungsbemühungen zum Trotz wird die Straße für viele Jahrzehnte weiterhin die Hauptlast des wachsenden Güterverkehrsaufkommens tragen. Selbst bei 2,2 Prozent jährlichem Anstieg des Schienengüterverkehrs kann laut Wissenschaft die Bahn das Gesamtwachstum nicht auffangen. Der Straßengüterverkehr werde nochmals um die Hälfte des Volumens von 2019 wachsen.
Studienautor Prof. Sebastian Kummer, WU Wien: „49 Prozent mehr Güterverkehr im Jahr 2040 bedeuten jährlich 20 Millionen Tonnen mehr CO2-Emissionen. Laut EU-Klimazielen müssten die Emissionen im Güterverkehr 2050 aber bei null liegen, in Österreich sogar schon im Jahr 2040. Hier besteht akuter Handlungsbedarf.“