Man merkt es sofort: Stefan Krauter ist mit sich im Reinen. „Was man verkauft hat, muss man loslassen können“, sagt der Unternehmer. Damit bezieht er sich auf sein Lebenswerk, das seit dem 8. Jänner 2024 zur japanischen NX Group (Nippon Express) gehört. Die 1983 gegründete cargo-partner Gruppe war zu diesem Zeitpunkt eine internationale Spedition mit rund 4.000 Mitarbeitenden an 160 Standorten in mehr als 40 Ländern und hatte es 2023 in der weltweit von Luftfrachtlogistikern abgeflogenen Tonnage in die Top 20 geschafft. Im weniger transparenten Ranking der Seefrachtspediteure dürfte es global in etwa Rang 35 bis 40 gewesen sein. Wirtschaftlich stand das Unternehmen gut da. Doch die Zeiten und die Marktdynamiken ändern sich immer schneller. Wer als Komplettanbieter in der Logistikbranche nicht in ein Oligopol vorstoßen kann, für den wird sich die Kundenstruktur bald zum Nachteil entwickeln. Stetig größer werdende Auftraggeber erwarten immer umfassendere und hochgradig digitalisierte Lösungen – vozugsweise weltweit.
„Die Zeiten ändern sich, und die Menschen ändern sich mit der Zeit“, zitiert Stefan Krauter im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung den römischen Dichter und Epiker Vergil. Obwohl er sich im letzten Jahr laut eigener Aussage wenig mit der Logistikbranche beschäftigt hat, behält er sie als spannend, kompetitiv und unglaublich global in Erinnerung. Speditionen seien mit den Entwicklungen des Welthandels zutiefst verbunden, spricht er aus Erfahrung. Jedoch sähen sich die führenden Anbieter in dieser Disziplin mit neuen starken Mitbewerbern konfrontiert, deren Mut und Finanzkraft er großen Respekt zolle. Gemeint sind die Linienreedereien, die mit organischen Maßnahmen, Fusionen und Firmenübernahmen neue Geschäftsfelder erschließen.
Den mittelständischen Logistikern müsse deshalb nicht bange werden, solange sie sich erfolgreich in einer Nische wie High & Heavy, Projects, Zoll oder hoch spezialisierten Verticals (Branchen) bewegen. Selbst wenn die ganz großen integrierten Logistikkonzerne von ihren Skaleneffekten profitierten, müssten sie die Aktivitäten im Reederei- und Speditionsgeschäft erst einmal auf einen gemeinsamen Nenner bringen. „Versuchen Sie als Logistikdienstleister im Besitz eines global tätigen Unternehmens in der Linienschifffahrt einmal Stellplätze bei einem anderen Carrier zu buchen? Das wird nicht immer einfach sein“, schätzt Stefan Krauter.
Hinzu kommen die unterschiedlichen Ansätze an der Verkaufsfront. Die Sales Manager der Reedereien seien heute Repräsentanten von riesigen Finanzunternehmen. Das Vermögen ihrer Arbeitgeber werde minutiös und langfristig geplant, was den Erfolg dieser Protagonisten in der Lager- und Kontraktlogistik erkläre, sagt Stefan Krauter. Hingegen praktizierten die internationalen Speditionen nach wie vor ein sehr transaktionales Geschäft, geprägt von komplexen wechselseitigen Beziehungen. Damit verbunden seien konträre Anforderungen an die Verkaufsteams, die am Markt als Vertreter von Dienstleistern auftreten müssten. Da könne, klischeehaft gesprochen, fallweise eine „Keiler-Mentalität“ von Vorteil sein.
Der Gründer der cargo-partner Gruppe verfolgt das nur mehr als interessierter Zuseher. Obwohl er jetzt kürzer tritt, ist der am 21. Februar 1955 geborene Unternehmer weiter aktiv tätig. Ohne das stete Umsetzen von kreativen Ideen könne er sich sein Leben noch nicht vorstellen. Da würde ihm etwas fehlen, weiß Stefan Krauter. Sein neues Betätigungsfeld, das er mit einem kleinen Spezialisten-Team betreut, sind Betriebsimmobilien in Zentraleuropa. Auch hier kommt die Logistik ins Spiel, speziell bei der Auswahl der Standorte für Lagerobjekte und Bürogebäude. Aktuell umfasst das Portfolio rund 150.000 m² Gesamtfläche, die bis 2030 auf 500.000 m² wachsen soll. Damit möchte die ATL Immobilienverwaltung GmbH mit Firmensitz in der Wienerbergstraße ein kleiner aber feiner Marktteilnehmer werden.