ANSFELDEN. Für Gerhart Puchberger war 2019 in jeder Hinsicht ein ereignisreiches Jahr. Erstens bescherte der zweimal knapp an der Umsetzung gescheiterte Brexit der von ihm geleiteten Österreich-Niederlassung von Mammoet Ferry Transport GmbH einen mächtigen Umsatzsprung. Mit 12 Mio. Euro wurde die Planvorgabe um rund 1,5 Mio. Euro übertroffen. Er könne sich an kein vergleichbares Jahr erinnern, schmunzelt der Spediteur am Ende seiner Berufslaufbahn. Umso schwerer fällt ihm der Rückzug aus einer Tätigkeit, die er mehr als 40 Jahre mit großer Freude ausgeübt hat. Der 31. Dezember war sein letzter Arbeitstag als Angestellter. Der Jänner markierte einen neuen Abschnitt in seinem Leben, wobei er seinem letzten Arbeitgeber noch beratend zur Seite steht.
Auch für Mammoet Ferry Transport bricht eine neue Ära an. Das Unternehmen, ehemals Teil der Nedlloyd Gruppe, wurde 1983 gegründet und stand seit 2000 im Besitz des niederländischen Geschäftsmannes Krijn Torreman. Seine erwachsenen Kinder verdienen sich in anderen Berufsfeldern ihren Lebensunterhalt. Ihrerseits bestand kein Interesse an der Weiterführung des auf Transportlösungen für Teil- und Komplettladungen zwischen Kontinentaleuropa und dem Vereinigten Königreich spezialisierten Logistikdienstleisters. Daher musste schon allein im Interesse der 70 Mitarbeitenden in sechs Büros in den Niederlanden, Belgien, Deutschland, Österreich und in Großbritannien eine andere Zukunftslösung gefunden werden.
So kam es, dass Gerhart Puchberger nur wenige Tage vor seiner Pensionierung der Österreichischen Verkehrszeitung den Verkauf von Mammoet Ferry Transport an die Neele-Vat Logistics Group berichten konnte (vgl. Kurzbericht auf S. 9). Im neuen Eigentümer sieht er einen Garanten für die Fortsetzung einer nachhaltigen Geschäftspolitik. Das niederländische Traditionsunternehmen zählt zur Gruppe der größeren Anbieter von Transport- und Logistikdiensten in der Region Rotterdam. Sein Aktionsradius erstreckt sich über weite Teile von Europa und wird durch die Integration von Mammoet Ferry Transport weiter verdichtet. Damit sind gute Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum gegeben. Allein die damit eingeleitete Umsatzsteigerung beträgt rund 50 Mio. Euro im Jahr.
Mammoet Ferry Transport und Neele Vat Logistics kennen sich aus einer jahrelangen Zusammenarbeit. Dabei haben sich die beiden Unternehmen einerseits gegenseitig mit Überhängen befruchtet und andererseits ihre Transportrelationen kombiniert. „Wir waren in Teilbereichen der Partner für die Deutschland- und Österreich-Verkehre. Umgekehrt nutzten wir die Kapazitäten sowie das Know-how von Neele-Vat Logistics auf den Verbindungen von und nach Italien, Tschechien und Rumänien“, erläutert Gerhart Puchberger. Er erwartet sich vom Zusammenschluss eine neue Qualität in der Verzahnung der Systeme sowie damit verbunden zusätzliche Ladungsmengen auf den Verbindungen von und nach England und Schottland.
Nach dem tollen Jahr 2019 prognostiziert Gerhart Puchberger eine Stabilisierung des Geschäftsvolumens auf den UK-Relationen auf dem Niveau von 2018. Je nach Entwicklung der Verhandlungen über die zukünftige wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union, die London spätestens am 31. Dezember 2020 zum Abschluss bringen will, könnte im vierten Jahresquartal noch einmal ein „Hype“ einsetzten, doch das bleibt abzuwarten. Davon abgesehen rechnen die Marktbeobachter mit keinen nennenswerten Ausschlägen mehr. Somit sollte für die aus rund 400 Trailereinheiten bestehende Fahrzeugflotte von Mammoet Ferry Transport – der Firmenname bleibt erhalten – eine zufriedenstellende Auslastung gewährleistet sein.
Als Spezialist für die Abwicklung von unbegleiteten Trailerverkehren von Kontinentaleuropa in das Vereinigte Königreich bewegt Mammoet Ferry Transport im Verkehr „westbound“ rund 350 Trailer pro Woche. Davon entfällt ein knappes Fünftel auf die Niederlassung in Ansfelden, deren sieben Mitarbeitende in 2019 einen Umsatz in der Höhe von 12 Mio. Euro erwirtschafet haben. Das Verhältnis von Komplettladungen und Teilpartien liegt bei 60:40. Die Verschiffungen laufen von Rotterdam Europoort, Vlaardingen und Zeebrugge nach Felixstowe, Harwich, Hull, Immingham oder Killingholme und retour. Je weiter nördlich die Zielbestimmung im Vereinigten Königreich liegt, umso attraktiver ist die Systematik des Unternehmens für zentraleuropäische Verlader im Vergleich zu den Selbstfahrern. Daher besetzt Mammoet Ferry Transport insbesondere im Schottland-Verkehr ein starke Position.
JOACHIM HORVATH