Ein Jahr mit neuen Spielregeln beim KEP-Spezialisten GLS Austria

Auch für den Paketlogistik-Dienstleister GLS Austria bringt das Frühjahr 2020 viele neue Erfahrungen mit sich. Erstmals in der Geschichte des Unternehmens sinkt das Sendungsaufkommen. Die Verantwortlichen müssen jetzt alles neu bewerten und beobachten inwieweit sich der Markt dadurch nachhaltig verändert.

Ein Jahr mit neuen Spielregeln beim KEP-Spezialisten GLS Austria Bild: Die Inbetriebnahme des neuen Depotstandortes in Kalsdorf war eines der Highlights im Jahr 2019.

WIEN. Eines steht für Klaus Schädle fest. „Italien wird sich nach dem hoffentlich baldigen Ende der Coronavirus-Pandemie schneller erholen als die Wirtschaft in anderen Ländern.“ Der Group Area Managing Director des international tätigen Paketlogistikunternehmens GLS trägt seit vielen Jahren die Verantwortung für die Geschäftsentwicklung in dem südeuropäischen Land. Sein Team betreut hier einen von vielen kleinen Familienbetrieben geprägten Kundenkreis. Es gibt hier unzählige kreative Firmen, deren Eigentümer neue Marktchancen flexibel und schnell nutzen. Das geht oft einher mit einem beträchtlichen nationalen sowie grenzüberschreitenden Versandaufkommen – und dabei kommt in zahlreichen Fällen die Marke GLS ins Spiel.

Das KEP-Unternehmen definiert sich zeit seines Bestehens als „Qualitätsführer in der Paketlogistik“. Dazu gehört in normalen Phasen die Erfüllung der Laufzeitzusagen im innereuropäischen Verkehr. „Das bleibt weiterhin unser Bestreben“, betont Klaus Schädle im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Jedoch mache einem seit Mitte März die Situation an den Grenzen – verursacht durch die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie – oft einen Strich durch die Rechnung. Damit spricht der Manager die durch die strengen Behördenkontrollen verursachten Wartezeiten von ein bis drei Stunden für den Lkw-Fernverkehr an. Manchmal dauert es auch länger, und dann verpassen die Hauptläufe die Anschlüsse an die nationale Distribution im jeweiligen Zielland.

Die meisten Paketempfänger bringen in der augenblicklichen Situation Verständnis dafür auf. Sie verfolgen aufmerksam die Nachrichten und kennen die derzeitigen Herausforderungen für die Logistikbranche. Doch das ist nur die Spitze des Eisberges. Denn abgesehen von den Einschränkungen und Hindernissen im operativen Bereich sehen sich manche Unternehmen mit einer völlig neuen Marktsituation konfrontiert. Bei GLS zum Beispiel kannte man bisher nur Wachstum.

In Österreich liegt das tägliche Paketaufkommen seit der Einführung der Ausgangsbeschränkungen für die Bevölkerung um 25 Prozent unter den Vergleichswerten aus 2019. GLS hatte hier für das laufende Jahr ein im einstelligen Prozentbereich angesiedeltes Wachstum im nationalen Verkehr und ein niedriges zweistelliges Plus im Bereich der Exporte eingeplant. Davon kann keine Rede mehr sein. Vor allem die B2B-Mengen sind stark rückläufig, an manchen Tagen um bis zu 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nur das stark wachsende B2C-Geschäft lindert die Gesamtsituation. Es lässt sich jetzt einfacher abwickeln, weil die meisten Menschen zu Hause erreichbar sind. „Das haben unsere fleißigen Fahrer in dieser Form noch nie erlebt“, berichtet Klaus Schädle.

Als Sicherheitsmaßnahme für alle Beteiligten praktiziert GLS Austria seit der Kalenderwoche 13 die kontaktlose Paketzustellung (siehe Kurzbericht auf S. 8). Das kommt bei den Empfängern gut an, deren Bestellverhalten sich in den vergangenen Tagen und Wochen spürbar verändert hat. Wurde früher die Mehrzahl der Bestellungen im Online-Handel an den Wochenenden getätigt, was zu Lieferspitzen an den Dienstagen führte, so verteilt sich das Geschäft derzeit auf die ganze Woche. Das erleichtert den Mitarbeitenden an den Hub- und Depotstandorten und den Kollegen aus dem Kreis der Subfrächter die tägliche Arbeit. „Sie alle sind auch so schon gewaltig gefordert und halten sich an die geforderten Sicherheitsmaßnahmen“, stellt Klaus Schädle fest.

Trotzdem ergreift die GLS Group Maßnahmen zur Eindämmung der Folgen des derzeit rückläufigen Sendungsvolumens. Wo es ohne Qualitätseinbußen möglich ist, werden die Fahrzeugeinsätze auf den Hauptläufen und im Flächenverkehr reduziert. Hinzu kommt der Einsatz von Homeoffice-Modellen, begleitet von verschärften Zugangsregeln an den Depotstandorten. Elektronische Fiebermesser an den Eingängen prüfen die Körpertemperatur von jeder Person. Wer Fieber hat, muss alternativlos in eine 14-tägige Heimquarantäne. Klaus Schädle: „Das sind Maßnahmen, wie es sie bei uns noch nie zuvor gegeben hat. Doch sie machen uns stark für die Zeit nach der Corona-Krise, für die wir wieder deutlich steigende Sendungsmengen erwarten.“

JOACHIM HORVATH

Werbung