WIEN. Für den Import von Konsumgütern, Sportartikeln und Technologieprodukten von Südchina und Hongkong nach Österreich, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Süddeutschland nutzt die Spedition DHL Global Forwarding (DGF) traditionell das Produkt Seefracht. Bis vor zehn Jahren gelangten die Container vorzugsweise über die europäischen Nord- und Westhäfen in die CEE-Länder. Das trifft heute nur mehr teilweise zu. Denn seither ist den Häfen in der nördlichen Adria ein bemerkenswerter Aufholprozess gelungen. Warben Rijeka, Koper, Triest und mit Abstrichen Venedig anfangs speziell mit den laut ihren Angaben um vier bis fünf Tage kürzeren Laufzeiten um die Gunst der Kunden, so haben sie zuletzt ihre Bahnangebote kontinuierlich verbessert.
Letzteres beobachtet Hermann Filz mit Wohlwollen. Der Director Eastern Europe bei DHL Global Forwarding verfolgt gemeinsam mit seinem Seefracht-Team das Ziel, möglichst viele Transporte im Seehafenhinterlandverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Dafür bieten speziell Hamburg und Bremerhaven hochfrequente und vielfältige Angebote. Rotterdam und Antwerpen holen auf. Aber auch Koper sowie Triest haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt. Rijeka muss diesbezüglich noch einige Hausaufgaben lösen. Und in Piräus ist Hermann Filz von der Abfahrtsdichte der Züge noch nicht so überzeugt, dass er seinen Kunden den griechischen Hafen ohne Bedenken in Empfehlung rufen würde. „Das muss dann schon ganz genau in die gewünschten Servicekonzepte passen“, lautet seine Devise.
Hingegen ist man bei DHL Global Forwarding mit der Entwicklung in Koper ausgesprochen zufrieden. So kann Hermann Filz weder am Carrier-Angebot etwas aussetzen. Mit Maersk Line, MSC, CMA CGM, Evergreen Line sowie Cosco Shipping Lines sind mehrere relevante Anbieter mit Direktdiensten im Verkehrsgebiet Ostasien vertreten. Außerdem werden die Bahnangebote in das zentraleuropäische Hinterland stetig ausgebaut, was sein Team „happy“ mache, wie er frei heraussagt. Auch in Triest beobachtet der DGF-Manager eine Weiterentwicklung, „die nach unserer Einschätzung der Sachlage aber von Einschränkungen bei Zügen mit schwerer Ladung gekennzeichnet ist“. Piräus werde man sich eventuell einmal für Verkehre von und nach Serbien ansehen, „das wir derzeit hauptsächlich über Koper und Triest bedienen“.
Bloß den eingleisigen Streckenabschnitt zwischen Koper und Divaca erachtet man beim Luft- und Seefrachtspezialisten im Konzern Deutsche Post DHL Group als ein Handicap, das Slowenien rasch beseitigen sollte. „Laut unseren Informationen wird das im Jahr 2025 der Fall sein. Das könnte den Warenverkehr über den slowenischen Seehafen weiter befruchten“, reflektiert Hermann Filz im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Es folgt der Hinweis auf das Klimaschutz-Programm von DHL Global Forwarding. Es räumt den Bahntransporten ganz klar den Vorzug gegenüber den Lkw-Transporten ein, weshalb das Unternehmen auch zum Kreis der eifrigen Nutzer der „Neuen Seidenstraße“ über die eurasische Landbrücke von China nach Zentral-/Osteuropa und retour zählt.
Für Seefracht-Transporte von und nach Südosteuropa schalten die Spezialisten von DHL Global Forwarding auch die Schwarzmeerhäfen Constanza (Rumänien), Varna und Burgas (beide in Bulgarien) ein. Ihre Performance wird als gut eingestuft. Jedoch wünscht sich Hermann Filz für Constanza einen Ausbau der Zugsysteme in das rumänische Hinterland. Derzeit bestehen praktisch nur offene Regelverkehre in Richtung Großraum Bukarest. In Bulgarien bleiben bei nüchterner Betrachtung die Containertrucking-Spezialisten. Doch eine wachsende Zahl dieser Unternehmen verlagert die Aktivitäten in Länder, wo sie mit ihren Transportlösungen bessere Preise erzielen. „Das könnte über kurz oder lang zu Engpässen führen“, befürchtet Hermann Filz. Daher sollte auch hier ein Umdenken in Richtung der Bahnlogistik Platz greifen.
Was die Sache für die internationalen Seefrachtspeditionen auf den Verbindungen von Südchina und Hongkong nach Zentral-, Ost- und Südosteuropa nicht unbedingt einfacher macht, ist die starke Präsenz der Reedereien in den einzelnen Ländern. In Bulgarien zum Beispiel beträgt der Marktanteil der „Carrier“ etwa 60 Prozent. „Da ist alles sehr preisgetrieben“, sagt Hermann Filz aus Erfahrung. Das trifft auch auf die Ukraine zu, wo sich die Sachlage im Hafen Odessa derzeit auch aus anderen Gründen als sehr schwierig darstellt. So werden in dem Land teilweise bedenkliche Geschäftspraktiken praktiziert (Stichwort: Compliance) und besteht unverändert die hoch angespannten politischen Situation in den Wirtschaftsräumen Donezk und Lugansk.
JOACHIM HORVATH