SCHWECHAT. Schon das chinesische Neujahrsfest ist für die Seefracht-speditionen, Linienreedereien und Containeroperateure eine Herausforderung. Zu dieser Zeit stockt für ein bis zwei Wochen der Warenverkehr aus dem Reich der Mitte. Die Kapazitäten der Containerschiffe sind dann nur mäßig ausgelastet. Sechs Wochen später, also irgendwann zwischen Ende Februar und Mitte März, beschäftigt das Thema die Containeroperateure in Europa. Nur wer in beiden Fahrtrichtungen volle Züge auf die Schiene setzt, erwirtschaftet eine kleine EBIT-Marge. Jedes unerwartet eintretende Ereignis mit negativen Auswirkungen auf die Ladungsströme im Import- und Exportverkehr kann die Produtkion auf der Schiene aus der Balance bringen. Dann sind die einzelnen Anbieter arg gefordert.
Insofern verfolgen Christian Gutjahr und Mag. Nikolaus Hirnschall die aktuellen Entwicklungen in China mit besonderer Aufmerksamkeit. Das Duo bildet seit 15 Jahren die Geschäftsführung der Roland Spedition GmbH. Das Familienunternehmen mit Firmensitz im Concorde Business Park in Schwechat und einer Niederlassung in Wals bei Salzburg bewegt mit 50 Mitarbeitenden rund 160.000 TEU im Jahr. Es ist damit und mit rund 60 Mio. Euro Jahresumsatz der größte private Containeroperateur in Österreich. Das sollte auch 2020 so bleiben. Jedoch befürchtet das Team in Kürze eine Delle bei den Importmengen, ausgelöst durch das Coronavirus in China. Je länger dessen Auftreten oder schlimmer noch Ausbreitung die Wirtschaft in dem fernöstlichen Land und in der Regioon lähmt, umso mehr bekommt das die Weltwirtschaft zu spüren.
In Anbetracht dieser Tatsache hofft man bei der Roland Spedition auf eine rasche Besserung der Situation in China. Die Strategie des Unternehmens steht und fällt mit reibungslosen Abläufen im Überseeverkehr. Solange die Paarigkeit der Bahntransporte von Österreich und Zentraleuropa in die Seehäfen und retour gewährleistet ist, bleibt das Geschäftsmodell stabil. Das ist die Grundvoraussetzung für die Umsetzung der Vision, wonach das 1982 als Bahnspedition gegründete und heute ausschließlich im Containeroperating mit allen vor- und nachgelagerten Dienstleistungen engagierte Unternehmen die Unabhängigkeit bewahren will. Das sei man den Kunden, Lieferanten und engagierten Mitarbeitenden schuldig, sind sich Christian Gutjahr und Nikolaus Hirnschall einig.
Jedoch muss jeder Containeroperateur in Österreich – verursacht durch den enormen Marktdruck – die Stückkosten im Griff haben. Hierfür nutzt die Roland Spedition jede Chance zur Digitalisierung von Prozessen. „Das darf aber nicht auf Kosten der Qualität gehen“, betont Nikolaus Hirnschall im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Sein Ziel ist die Optimierung des Geschäftsmodells hin zu einer noch engeren Vernetzung mit den Lkw-Fahrern im Vor- und Nachlauf zu den Bahntransporten, begleitet vom verbesserten Informationsaustausch mit den in- und ausländischen Kunden. In beiden Bereichen soll sich bei der Roland Spedition in 2020 einiges tun.
Eher gelassen reagiert das Unternehmen auf die von zwei, drei großen Containerreedereien eingerichteten Zugsysteme von Österreich in die Nord-/Südhäfen und retour. „Ich denke, das Geschäftsmodell der Containeroperateure hat weiterhin Zukunft“, befindet Nikolaus Hirnschall. Seinem Optimismus liegen die täglichen Bahnshuttle der Roland Spedition zu sämtlichen Terminals im Hafen Hamburg und in Bremerhaven mitsamt der Erledigung aller notwendigen behördlichen Formalitäten und Abläufe entlang der Transportkette zugrunde. Das decke sich mit dem Bedarf eines Großteils der Kunden aus dem Kreis der Seefrachtspeditionen und Containerreedereien, für die hochfrequente Zugprodukte heute eine Grunderfordernis seien. Wenn die dann auch noch voll ausgelastet sind, ergibt das attraktive Stückkosten pro Container, was man sich bei der Roland Spedition auf die Fahnen schreibt.
Den Representanten von jenen Containerreedereien, die das anders sehen und derzeit wöchentlich zwei bis drei eigene Züge betreiben, führen Christian Gutjahr und Nikolaus Hirnschall das Geschäftsmodell ihres Unternehmens vor Augen. Es stützt sich auf tägliche Blockzüge in Eigenproduktion zwischen Österreich (WienCont Freudenau, CTE Enns) und den deutschen Seehäfen, ergänzt um einen Linienverkehr mit drei Abfahrten pro Woche von Linz nach Koper sowie Verbindungen nach Nürnberg und Graz. Dieses hochfrequente Kernprodukt wird unterstützt durch Zuladungen auf zahlreichen anderen Routen, wo Partnerunternehmen die Verantwortung für die Transportleistungen tragen.
„Operating ist Teamsport. Und wenn es ums Containeroperating geht, sind wir ein Team“, lautet eine Kernbotschaft der Roland Spedition. Das bezieht sich abgesehen von der internen Struktur des Unternehmens auch auf die äußeren Einflussfaktoren. Damit sind die Terminalstandorte und Eisenbahnverkehrsunternehmen für die Eigenproduktion gemeint. So bestehen gut eingespielte Kooperationen mit den Containerterminals WienCont im Hafen Wien Freudenau sowie CTE Container Terminal Enns im Ennshafen beziehungsweise mit der Wiener Lokalbahnen Cargo (WLC). Mit diesen Partnern wollen Christian Gutjahr und Nikolaus Hirnschall gemeinsam in die Zukunft gehen.
Bei Analysen über die Operateure im Kombinierten Verkehr ist oft von der Konsolidierung bei den Containerreedereien und Überseespeditionen die Rede. Demzufolge schmilzt das Kundenspektrum von Jahr zur Jahr. Gleichzeitig steigen das Einkaufsvolumen und der Preisdruck der einzelnen Auftraggeber. Diese Sichtweise teilen Christian Gutjahr und Nikolaus Hirnschall mit der Einschränkung, dass der Mittelstand in der österreichischen Logistikbranche eine lange Tradition besitzt und speziell im Marktsegment der internationalen Speditionen immer wieder neue Anbieter in das Geschehen eingreifen. Ihnen stehe die Roland Spedition gerne als Dienstleister für das Containeroperating zur Verfügung.
Für Nikolaus Hirnschall benötigen die Unternehmen im Unbegleiteten Kombinierten Verkehr (UKV) besser heute als morgen einen Ausbau der Schieneninfrastruktur. „Durch eine niedrigere Besteuerung der Lkw im Vor-/Nachlauf zu den Bahntransporten im Vergleich zum Fernverkehr könnte man der Bahnlogistik zusätzliche Mengen zuführen“, ist er überzeugt. Dann fehlt in seinen Augen nur mehr ein europaweites Slotsystem auf der Schiene. In der momentanen Situation muss die Roland Spedition den Bahnverwaltungen spätestens im März die im Jahr 2021 benötigten Trassen bekanntgeben. Das erschwert eine kurzfristige Planung, während die Lkw-Transporteure jederzeit rasch und flexibel auf die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft sowie der Speditionen eingehen können. Das sei ein gravierender Nachteil für die vielen tollen österreichischen Unternehmen im intermodalen Verkehr, bedauert die Geschäftsführung der Roland Spedition.
JOACHIM HORVATH