Containerlogistik: Schlecht zahlende Industrien werden Probleme bekommen

Das Coronavirus macht die weltweite Containerlogistik unkalkulierbar. Während sich in den chinesischen Seehäfen die Importsendungen aus aller Welt stapeln, drohen der österreichischen Wirtschaft die Boxen für die Exporte auszugehen. Positionierungen aus fernen Ländern können das Problem vorübergehen abfedern.

Containerlogistik: Schlecht zahlende  Industrien werden Probleme bekommen Bild: Noch läuft die Containerlogistik von und nach Österreich in geordneten Bahnen. Unquote

WIEN. Noch läuft bei der Steirerfleisch-Gruppe die Produktion für die Ostasien-Exporte auf vollen Touren. „Das verdanken wir den fünf Speditionspartnern, die uns im Monat März mit den benötigten Kühlcontainern versorgen“, verlautet seitens des Unternehmens. Die seit dem Vorjahr mit einem neuen ‚Packwerk‘ ausgestattete Fleischindustrie verschifft wöchentlich 20-25 Stück Reefercontainer – das sind 40-50 TEU – nach China, Südkorea, Japan und in kleinen Mengen nach Vietnam. Käme die Beschaffung des dafür erforderlichen Equipments ins Stocken, hätte das südsteirische Familienunternehmen ein ernstes Problem. Es entstünde sofort ein erhöhter Bedarf an Zwischenlagerungen, aber das will die Geschäftsführung im Hinblick auf die Verantwortung gegenüber den Lieferanten und Kunden unter allen Umständen vermeiden.

Es wird sich schon sehr bald zeigen, ob das gelingt. Momentan haben die Vertreter der Linienreedereien alle Hände voll zu tun, um die aus Europa und Nordamerika eingeschifften Kühlcontainer zu den Empfängern in China zu verbringen. In den Eingangshäfen sind die Anschlüsse für Reefer-Equipment restlos ausgebucht. Es fehlen die Fahrer für die Durchführung der Truckingdienste. Und was nicht in das Reich der Mitte hineingeht, kann im Umkehrschluss schwer leer oder beladen hinausgehen. Wenn dieses Szenario über einen längeren Zeitraum währt, gehen den europäischen und nordamerikanischen Fleischindustrien die Exportcontainer aus.

Schon jetzt stellen ihnen die Containerreedereien Preiszuschläge von bis zu 2.000 Euro pro Reefercontainer mit Zielen in China in Rechnung. Sie begründen das mit dem deutlich gestiegenen Aufwand für diese Verkehre und mit den Zusatzkosten für die längeren Standzeiten der Boxen in den ostasiatischen Häfen. Es gibt aber auch Ports, in denen derzeit keine Reefercontainer mehr gelöscht werden. Dann kommen vorgelagerte Häfen in Vietnam, Malaysia oder Thailand ins Spiel. Damit wollen die Architekten der Logistikketten nach dem Abklingen der Coronavirus-Krise in China die schnelle Lieferfähigkeit gewährleisten. Dazu passt auch, dass laut Steirerfleisch die Abwicklung der Exportcontainer via Koper und fallweise über Triest derzeit reibungslos funktioniert. Diese Sendungen würden in circa sechs Wochen in China eintreffen.

Es sind aber nicht nur die Reefercontainer, die den Vertretern der Linienreedereien Kopfzerbrechen bereiten. Auch das Standardequipment für die österreichische Exportwirtschaft droht knapp zu werden. Wenn jeder zweite Liniendienst von Asien nach Nordeuropa ausfällt – wie das momentan der Fall ist – und die verbleibenden Operationen nur zu einem Drittel oder bestenfalls zur Hälfte ausgelastet sind, dann entstehen zwangsläufig Leercontainer-Engpässe. Die lassen sich vorübergehend mit Positionierungen aus dem Arabischen Raum beziehungsweise aus Nord- und Südamerika überbrücken. Das taugt aber maximal als Übergangslösung für einen begrenzten Zeitraum. Normalerweise wird das Equipment für die heimischen Exporteure zu ungleich günstigeren Konditionen aus Ungarn, Tschechien und der Slowakei positioniert.

So aber berichten die Vertreter von mehreren großen Linienreedereien übereinstimmend von einer Trendumkehr im Containerverkehr mit Saudi-Arabien. Der Wüstenstaat ist in einem hohen Maß von Importen aus der ganzen Welt abhängig und produziert in der Gegenrichtung mit Ausnahme von Ölprodukten und petrochemischen Erzeugnissen keine nennenswerten Exportgüter. Es besteht daher ein sehr begrenzter Verwendungszweck für die hier eintreffenden Importcontainer. Bis zum Ausbruch des Coronavirus wurde der Großteil der Boxen als Leerequipment nach Ostasien verschifft. Jetzt geht ihre Reise nach Europa, wo die Reedereien vorrangig die gut zahlenden Kundenkreise bedienen wollen. In Anbetracht dieser Tatsache müssen sich die Großversender aus der Forstprodukte, Faser- und Fleischindustrie wohl auf deutliche Preissteigerungen gefasst machen.

JOACHIM HORVATH

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