WARSCHAU. Er freut sich aufrichtig. Gerade hat ihm der Berichterstatter von seinen Erlebnissen bei den Logistikmanagern von drei namhaften österreichischen Exporteuren erzählt. Ein jeder von ihnen musste auf die Frage, ob ihn ein Logistikdienstleister in letzter Zeit positiv überrascht hat, kurz nachdenken. Das Resultat waren deckungsgleiche Antworten. Demnach haben diese Personen die Chance zur Auftragsvergabe an eine ihnen nur in Ansätzen bekannte Spedition genutzt. In allen drei Fällen bestand die Aufgabenstellung in der Lösung von komplexen Transportfällen zu Zielen in den GUS-Staaten. Dementsprechend groß war die Verblüffung, dass alles einwandfrei geklappt hatte.
Das Lob der Logistikmanager richtet sich an das Team der AsstrA-Associated Traffic AG. Das Unternehmen mit Firmensitz in Zürich ist sozusagen das ,,Baby“ von Dmitry Lagun. Der Chief Executive Officer nahm nach dem Abschluss seines Studiums eine Stelle bei der Sovtransavto Group an. Vielleicht stünde er heute noch auf der Gehaltsliste dieses Unternehmens, wenn sich nicht vor 30 Jahren der ,,Eiserne Vorhang“ in Luft aufgelöst und kurze Zeit später in der früheren Sowjetunion die ,,Perestrojka“ eingesetzt hätte. So aber herrschte die totale Aufbruchstimmung. Von ihr ließ sich auch Dmitry Lagun anstecken. Er trug sich schon lange mit dem Gedanken zur Gründung einer eigenen Spedition. Das tat er im Jahr 1993 mit der Etablierung der AsstrA Group, die dann aber erst zwei Jahre später das operative Geschäft aufgenommen hat.
,,Damals gab es viele namhafte Speditionen in Westeuropa, deren bedeutende Kunden zuverlässige Transportlösungen Richtung Osteuropa und Russland benötigten. Ihren Verantwortlichen erschienen besagte Verkehrsrelationen mit zu vielen Risiken behaftet, als dass sie deren Bedienung in Eigenregie gewagt hätten. Damals schlug die große Stunde des ,,Newcomers“ AsstrA-Associated Traffic AG, dessen Team von Anfang an einen guten Job machte. Es dauerte vielleicht drei Jahre, bis das Unternehmen den direkten Kontakt zu den Verladern suchte und fand. Es folgte der erste Teil einer bemerkenswerten Erfolgsgeschichte. Die Transportmengen von West- und Zentraleuropa nach Russland und in die GUS-Staaten wuchsen kontinuierlich und stark. Das Unternehmen, das seit jeher als 3PL mit einer ,,asset light“ Strategie auftritt, erlebte einen tollen Aufschwung.
Auch anderen Transport- und Logistikdienstleistern mit Wurzeln in Ost- und Südosteuropa war eine derartige Entwicklung gegönnt. Von ihnen unterscheidet sich die AsstrA Group insofern, weil ihre Verantwortlichen letztendlich auch den Umgang mit Krisenszenarien verstanden. Als Russland und weite Teile der Welt Ende 2008 von einer argen Wirtschaftskrise heimgesucht wurden, änderte das Unternehmen seine Strategie. Erstmals wurden neben dem Kerngeschäft auch innereuropäische Transporte in das Programm aufgenommen und seither systematisch ausgebaut.
Daraus entwickelte sich bis heute ein 3PL-Spezialist, dessen Kernteams an den Standorten in Minsk (300 Mitarbeitende) und Warschau (150 Beschäftigte) täglich ungefähr 600 Full Truck Loads disponieren. Dazu kommen rund 15.000 TEU Seefracht (FCL) im Jahr, eine wachsende Zahl von Bahntransporten auf der ,,Neuen Seidenstraße“ und Aktivitäten in der Luftfrachtspedition. Ganz stark verankert – und dafür auch in ganz Österreich sehr geschätzt – ist die AsstrA-Associated Traffic AG in den Marktsegmenten Project Cargo sowie Heavy & Bulky und Heavy & Oversized, wo bei Bedarf ganze Fabriken bewegt werden. Für ergänzende Dienstleistungen im Segment Warehousing/Distribution bestehen Kooperationen mit mittelständischen Logistikdienstleistern.
Dmitry Lagun wirkt im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung ruhig aber zielorientiert. Seine Planzahlen sind freundlich formuliert ambitioniert. Demnach nimmt die AsstrA-Associated Traffic AG in 2019 mit 1.100 Mitarbeitenden an 35 Standorten in 17 Ländern Kurs auf rund 350 Mio. Euro Umsatz. Im Vorjahr wurde ein Umsatz in der Höhe von 285 Mio. Euro generiert. Spätestens 2023 soll die Marke von 1 Mrd. Euro überschritten werden. Die Ziesetzung für 2030 lautet 4,5 Mrd. Euro Umsatz, ,,womit wir dann zur Gruppe der Top-10-Transportlogistiker für FTL, FCL und internationale Bahnverkehre zählen würden“, wie der Unternehmer im Beisein von Andrzej Iwanow-Kolakowski, Director of EU Countries Region AsstrA-Associated Traffic AG, und seines Sohnes Vladislav Lagun (Trade Lane Development Manager) vorrechnet.
Wer sich so wie die AsstrA Group eine Umsatzsteigerung von durchschnittlich 25 Prozent im Jahr zum Ziel setzt, der muss dafür einiges tun. Allein die Beherrschung der damit verbundenen Prozesse ist ein anspruchsvolles Unterfangen. Dazu kommt die Erwartung der Kunden nach stets wettbebwerbsfähigen Kostenstrukturen, gestützt auf die modernsten Systematiken auf dem Gebiet des automatisierten Datentransfers sowohl im Verhältnis zu den Auftraggebern als auch zu den Frachtführern. Je weniger manuelle Eingriffe notwendig sind, umso besser. ,,Dadurch bedingt ist unser Bedarf an IT-Experten und Programmierern in den letzten Jahren extrem gestiegen“, rekapituliert Dmitry Lagun.
Insofern scheint es ein Widerspruch zu sein, dass die AsstrA Group ihr Niederlassungsnetz in Europa konsequent ausbaut. Doch dahinter steht die Überzeugung des Managements, wonach sich ein Transportlogistik-Spezialist heute möglichst nahe bei den Kunden ansiedeln muss, das allerdings mit fachlich kompetenten Mitarbeitenden mit der Befähigung zur Kommunikation in der jeweiligen Landessprache. Wer die Mentalität und das Wesen der Auftraggeber kenne, der habe im Bereich ,,Sales“ einen unschätzbaren Vorteil, ist Dmitry Lagun überzeugt. In diesem Zusammenhang kündigt er die baldige Eröffnung von weiteren Büros in Budapest (Ungarn), Madrid (Spanien) und Hamburg (Deutschland) an.
Durch die dann dritte Niederlassung in Deutschland nach Hof und Magdeburg ist die AsstrA-Associated Traffic AG zukünftig in drei europäischen Seehäfen (Gdansk, Antwerpen, Hamburg) mit eigenen Standorten vertreten. Ihre Mitarbeitenden sollen sich zunächst auf den Ausbau der Tätigkeiten in der Seefrachtspedition in den Fahrtgebieten China-Russland, China-Europa sowie Europa-Nordamerika konzentrieren. ,,Wir haben in China bereits eine Organisation mit etwa 15 Mitarbeitenden und planen hier die Eröffnung von weiteren Büros“, berichtet Dmitry Lagun, der zudem auch noch die Etablierung eines Büros in Rotterdam in Aussicht stellt.
In Österreich, wo die AsstrA-Associated Traffic AG seit dem Jahr 2018 mit einem Sales Representative kooperiert, hält er nach einem Business Development Manager Ausschau. Die Position soll mit sofortiger Wirkung besetzt werden. Bleibt als krönender Abschluss neben der Zielvorgabe der konsequenten Verstärkung der innereuropäischen FTL-Services ein möglicher Börsengang, ,,der uns die Finanzierung des angestrebten Wachstums natürlich erleichtern würde“, wie das Top-Management der AsstrA Group einhellig betont.
JOACHIM HORVATH