ST. RUPRECHT/RAAB. Er sei sehr verbunden mit Griechenland, sagt Johannes Matzhold, während ihm seine jüngste Tochter freiwillig einen Kaffee serviert. Dabei leuchten seine Augen. Man hat fast den Eindruck, der Unternehmer wäre jetzt lieber in Athen als am Firmensitz der Johannes Matzhold GesmbH in St. Ruprecht an der Raab. Dabei bietet auch die Oststeiermark ein herrliches Naturschauspiel. Noch dazu ist die wirtschaftliche Situation in Österreich deutlich stabiler wie in Griechenland. Aber dazu vertreten die skeptischen und optimistischen Marktbeobachter in jüngster Zeit ganz unterschiedliche Standpunkte. So reicht das Spektrum der Prognosen von der katastrophalen Aussicht über den vermeintlichen Silberstreif am Horizont bis zu den ganz positiven Szenarien.
Legt man dafür eine Notenskala von 1-10 an, bei der die 1 für den Untergang der hellenischen Volkswirtschaft und die 10 für den totalen Boom steht, würde Johannes Matzhold Griechenland wohl in der Kategorie zwischen 8 und 9 einstufen. Jedenfalls sagt der steirische Unternehmer dem südeuropäischen Land eine enorme Zukunft voraus, „wenn die Politik die vorhandenen Mißstände beseitigt und die notwendigen Strukturreformen umsetzt“. Vor allem die jungen Menschen seien gut ausgebildet, die Immobilienpreise zögen wieder an und einige internationale Großkunden investierten gezielt in den Ausbau der Standorte oder besser noch in Expansionsmaßnahmen. Letzteres ist für ihn ein untrügliches Zeichen, „dass es hier wieder aufwärts geht“.
Die Ansiedlung der Cosco Shipping Lines im Containerhafen Piräus bewertet Johannes Matzhold als positives Signal. Er sieht darin weniger einen Ausverkauf des hellenischen Tafelsilbers als vielmehr eine vielversprechende Zukunftsvision für Griechenland und Europa. „Die neuen Mehrheitseigentümer haben das Containerterminal weitreichend modernisiert und so ein leistungsfähiges Gateway für Transportabwicklungen auf der ‚Maritimen Seidenstraße‘ geschaffen“, lautet sein Urteil. Man werde von Piräus in Zukunft noch sehr viel hören und lesen. „Das auch, weil sowohl in Koper als auch in Triest die Kapazitäten für flächenmäßige Erweiterungen überschaubar sind.“
Trotzdem hat Griechenland noch viel zu tun, will es in der Transportlogistik das Niveau von Slowenien und Norditalien erreichen. „Die Schaffung von leistungsfähigen Bahn- und Straßeninfrastrukturen bleibt unverändert ein Thema“, bemerkt Johannes Matzhold im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Als Beispiel nennt er das Zollamt Athen Kavexini, das maximal 40 Container am Tag abfertigen kann. Dem gegenüber stehen die Großcontainerschiffe der Linienreedereien, die pro Anlauf in Piräus zumindest 3.000 TEU löschen. Das Missverhältnis könnte kaum frappanter sein. Als weitere Beeinträchtigung hinzu kommt die extreme Bürokratie in Griechenland. Sie erschwert den internationalen Speditionen und Logistikdienstleistern die Arbeit.
Johannes Matzhold ist mit den Verhältnissen in Griechenland durch die 51%ige Beteiligung an der Gebr. Thomaidis GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main bestens vertraut. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um einen absoluten Spezialisten für Transporte sowohl auf dem Landweg als auch im Fährverkehr von Venedig Fussina nach Patras v. v. von Deutschland und Westeuropa zur Peloponnes mit Weiterleitungen im ganzen Land unter Einschluss der Inseln. Befördert werden hauptsächlich Verbrauchsgüter für den griechischen Markt sowie in der Gegenrichtung Obst, Gemüse und Konserven für die großen europäischen Handelsketten.
Was den Verkehren fehlt, ist die ganzjährige Stabilität. Sowohl die Obst- und Gemüsetransporte in Fahrtrichtung Norden als auch das Mengenaufkommen im Nord-Süd-Verkehr sind in der Hauptsaison in den Sommermonaten sehr stark, fallen danach aber deutlich ab. Wer hierfür ein Konzept für die Durchführung von ganzjährigen Rundlaufsystemen findet, der besitzt in den nächsten Jahren gute Chancen für eine positive Entwicklung im Griechenland-Geschäft. Dafür hat Johannes Matzhold in großem Stil investiert und in Patras um 16 Mio. Euro eine Logistikanlage mit 24.000 m² Hallenfläche errichtet. Betreiber der Fazilität ist die Gebr. Thomaidis GmbH, die in Hellas an den Standorten Piräus, Patras und Thessaloniki (5.000 m² Lager- und Umschlagsfläche) rund 500 Mitarbeitende beschäftigt und laufend wächst.
Zur Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte kann die Cosco Shipping Lines einen Beitrag leisten. Die chinesische Linienreederei verbindet eine Partnerschaft mit Gebr. Thomaidis im Bereich der Entladung von Sammelcontainer mit anschließenden Zwischenlagerungen, Importverzollungen und Weiterleitungen der Sendungen nach Deutschland, Zentral- und Westeuropa. „Unsere Zusammenarbeit ist gut angelaufen“, zieht Johannes Matzhold ein positives Zwischenresümee. Daran geknüpft ist sein großes Interesse an einer Vertiefung der Geschäftsbeziehungen mit Cosco Shipping Lines, „was unserer Tätigkeit in Griechenland einen gewaltigen Auftrieb verleihen würde“.
Dafür bereitet sich Gebr. Thomaidis mit dem Aufbau einer intermodalen Transportlösung von Patras über Bulgarien nach Deutschland bereits vor. Schon jetzt setzt das Unternehmen auf dieser Verbindung Ganzzüge in Fahrt. Daraus soll sich möglichst rasch ein regelmäßiger „Systemverkehr“ auf der Schiene entwickeln. Damit könnten alle Beteiligten den massiven Fahrermangel sowohl in Deutschland als auch in Griechenland umgehen“, stellt Johannes Matzhold fest. Die Routenführung über Bulgarien ist für ihn insofern alternativlos, „weil man sich dann nach der Importverzollung in Griechenland nur mehr im Gebiet der Europäischen Union bewegt“. Das sei ein großer Vorteil im Vergleich zu den Bahnstrecken durch Nord-Mazedonien und Serbien.
Als nächsten Expansionsschritt bereitet Gebr. Thomaidis den Bau eines Tiefkühllagers in Griechenland vor. Dieses Projekt zielt in erster Linie auf die steigende Nachfrage nach Hühner- und Schweinefleisch in China ab. Dabei handelt es sich größtenteils um Artikel, für die in Europa kein Absatzmarkt besteht – wie zum Beispiel Schweineköpfe. Diese Sortimente sollen die Kühlzüge der Johannes Matzhold GesmbH und von Gebr. Thomaidis in Zukunft verstärkt nach Athen transportieren, wo im geplanten Tiefkühllager zahlreiche Dienstleistungen bis hin zur Beladung der Reefercontainer bereitstehen werden. Die dafür notwendige Infrastruktur für die zuverlässige Stromversorgung steht mit einer eigenen Trafostation schon bereit. Und für die Verschiffungen in den Fernen Osten hat bereits Cosco Shipping Lines Interesse signalisiert.
JOACHIM HORVATH