FLUGHAFEN WIEN. Nach 16 Jahren Tätigkeit bei einer namhaften internationalen Spedition wagt Johannes Mikula einen beruflichen Neuanfang. Das tut er in einer sehr respektvollen Art und Weise. So stellt er seinem früheren Arbeitgeber das denkbar beste Zeugnis aus. „Ohne seine Unterstützung besäße ich heute nicht ein derart großes Fachwissen im Segment der globalen Luft- und Seefrachtspedition“, findet er klare Worte. Dessen werde er sich immer bewusst sein. Dann aber richtet er den Blick in die Zukunft, sprich auf seine neue Beschäftigung bei einem der maßgeblichen Anbieter von 3PL-Services (third-party logistics) auf der Welt.
Seit März 2019 bekleidet Johannes Mikula die Funktion als Regional Director bei der C.H. Robinson GmbH Europe B.V. Bei der Firmenneugründung mit einem Büro im Office Park 1 am Flughafen Wien handelt es sich um die vorläufig erste Österreich-Niederlassung der weltweit tätigen Transport- und Logistikgruppe C.H. Robinson. Deren Wurzeln liegen eigentlich im Lebensmittel- und Fruchthandel begründet, den der gleichnamige Firmengründer im Jahr 1905 im US-Bundesstaat North Dakota aufgenommen hat. Dazu kam später eine eigene Logistiksparte. Diese verzeichnete im Lauf der Jahrzehnte ein stetiges Wachstum und bildet heute das Kerngeschäft des Unternehmens mit weltweit mehr als 15.000 Mitarbeitenden und 16,6 Mrd. USD Umsatz im Jahr 2018.
Auf dem nordamerikanischen Markt für Transport- und Logistikdienste ist C.H. Robinson schon seit Jahrzehnten ein großer Akteur. Der Startschuss für die Expansion nach Europa erfolgte im Jahr 1993 mit der Eröffnung einer Niederlassung in Amsterdam. Daraus entstand eine Organisation mit aktuell 1.136 Beschäftigten in 16 Ländern. Der zuletzt erwirtschaftete Jahresumsatz (2018) in der Höhe von 503 Mio. Euro gründet auf Tätigkeiten in den Geschäftsfeldern Global Forwarding (Luft- und Seefracht) und European Surface Transport (Landverkehr) für Stückgüter, Teil- und Komplettladungen. Als Maßnahme zur Stärkung der Europa-Organisation wurden 2019 Speditionen in Spanien und Italien übernommen und die auf den Bereich Luft- und Seefracht spezialisierte Niederlassung in Österreich etabliert.
C.H. Robinson spielt laut eigenen Angaben in der „Champions League“ der Speditions- und Logistikdienstleister. Noch im Jahr 2010 wäre das eine kühne Behauptung gewesen. Doch seither hat der Konzern, dessen Hauptsitz sich mittlerweile in Eden Prairie im US-Bundesstaat Minnesota befindet, den Markt gehörig durcheinander gewirbelt. Der Kauf von Phoenix International in 2012 festigte die Position des Unternehmens auf den Tradelanes von Asien nach Nord- und Südamerika und Europa. Vier Jahre später folgte mit der Übernahme von APC der nächste Paukenschlag. Besagte Spedition gehörte zur Gruppe der führenden Anbieter von Speditions- und Logistikdienstleistungen in der Region Australien/Neuseeland/Ozeanien.
In Österreich ging C.H. Robinson am 1. Oktober mit sieben Mitarbeitenden an den Start. „Unsere Zielvorgabe ist sportlich ambitioniert“, bemerkt Johannes Mikula im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Demnach soll das als Dienstleister in der internationalen Luft- und Seefrachtspedition auftretende Unternehmen in den Markt hineinwachsen und dann mit einer vorbildlichen Kundenorientierung expandieren. Wenn das planmäßig funktioniert, könnte das Team im zweiten Quartal 2020 bereits aus zehn bis elf Mitgliedern bestehen, die allesamt Spaß an der Arbeit haben sollen. Das Büro als solches wird nur operative Aufgaben und die Kundenbetreuung wahrnehmen. Administration sowie Buchhaltung sind bei C.H. Robinson in „Shared Service Centers“ zusammengefasst.
Der „Newcomer“ am österreichischen Markt betreibt ein globales Netzwerk mit lokalen Kompetenzen. Letztere stammen von den Fachleuten der jeweiligen Landesgesellschaften, „die wir mit einem attraktiven Arbeitsumfeld an unser Unternehmen binden möchten“, wie Johannes Mikula ausführt. Das entsprechende Set-up steht zukünftig im top modernen Office Park 4 am Flughafen Wien bereit, wo die C.H. Robinson GmbH im April 2020 Büros mit mehr als 200 m² Gesamtfläche bezieht. „Wir wollen und müssen gewisse Dinge anders machen“, sagt Johannes Mikula und stellt seinen zukünftigen Kollegen gewisse „Social Benefits“ eines internationalen Logistikkonzerns in Aussicht. „Dazu zählen aber auch faire Partnerschaften mit Handschlagsqualität mit unseren Kunden und Lieferanten aus dem Kreis der Frachtführer sowie Handlingfirmen“, betont er ausdrücklich.
Nach Unterschieden zu den vielen anderen Luft- und Seefrachtspeditionen befragt, streicht Johannes Mikula die Rolle von C.H. Robinson als Benchmark im Bereich der Informationstechnologie sowie der Datentransformation hervor. Das europäische IT-Center in Warschau ist mit rund 100 Fachleuten auf dem Gebiet der Digitalisierung von Abläufen besetzt. Ihre Aufgabe besteht darin, unternehmensintern für möglichst produktive Prozessabläufe zu sorgen und im externen Verhältnis mit den Kunden ein hohes Maß an Transparenz zu gewährleisten. Über die nächsten Jahre werden 1 Mrd. USD in IT Developments global investiert. Beides zusammen ist für die Verantwortlichen des Logistikkonzerns sozusagen der Humus für ein fortgesetztes Wachstum in Europa.
C.H. Robinson nimmt mit der neuen Niederlassung am Flughafen Wien einerseits das Geschäft in Österreich in die eigenen Hände, wo bisher eine Kooperation mit einer lokalen Spedition bestanden hat. Andererseits soll von hier aus das Engagement in Osteuropa gestärkt werden. Zwar gibt es bereits eigene Landesgesellschaften in Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien. Deren lokale Gateways sind nach Ansicht des Managements aber speziell in der Luftfracht noch zu schwach, als dass sie sich ohne ein eigenes Consolidation Center am Vienna International Airport wunschgemäß entwickeln könnten, wo sich ein eigenes „Air Gateway Team“ genau dieser Aufgabe widmen wird. Das bewog die Verantwortlichen letztlich zur Etablierung der Niederlassung in Österreich.
Johannes Mikula erwartet sich bereits in der Startphase „eine große Resonanz auf unser Angebot“. Seinem Optimismus liegt das starke Netzwerk von C.H. Robinson zum einen in den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko sowie zum anderen in Australien und Neuseeland zugrunde. Auf diesen Länderrelationen sei man den lokalen Mitbewerbern um eine Nasenlänge voraus, lautet seine Einschätzung. Aber natürlich könne man auch die Asien-Verbindungen mit leistungsfähigen Services sowohl im Import als auch im Export abdecken. Nicht zuletzt dieser Befähigung verdankt C.H. Robinson ein weltweites Seefrachtvolumen von mittlerweile mehr als 1 Mio. TEU im Jahr. •