Maersk erhöht die logistische Fertigungstiefe

„Wir bewegen uns auf einem spannenden Evolutionskurs.“ Mit diesen Worten beschreibt Frank Hellberg, Director Sales Germany, Austria, Switzerland Maersk, den derzeit laufenden Transformationsprozess bei der weltgrößten Containerreederei. Daran beteiligt sich auch die Österreich-Niederlassung mit neuen Zugprodukten.

Maersk erhöht die  logistische Fertigungstiefe Bild: Die Containerschiffe von Maersk befeuern den Welthandel mit möglichst klimafreundlichen Transportlösungen.

WIEN. Frank Hellberg kommuniziert erfrischend offen. So vermittelt der Director Sales Germany, Austria, Switzerland bei Maersk in sehr anschaulicher Art und Weise, wohin bei der größten Containerreederei der Welt die Reise geht. Die Weltmarke mit dem siebenzackigen Stern durchläuft einen Transformationsprozess, wie es ihn bei noch keinem anderen Anbieter in der Branche gegeben hat. Dabei soll die in 115 Jahren aufgebaute Reputation erhalten bleiben, ohne dass dabei das Vertrauen der Kunden in Mitleidenschaft gerät. Das ist ein alles andere als einfaches Unterfangen, wo sich der Konzern mit weltweit 76.000 Mitarbeitenden und 39 Mrd. USD Umsatz im Jahr 2018 doch gerade zu einem globalen Integrator für Containerlogistik entwickelt, der die Kunden bei der Vereinfachung der Supply Chains begleiten will.

Diese Formulierung könnte dem Imagefolder eines internationalen Speditionskonzerns entnommen sein. Dessen sind sich die Verantwortlichen bei Maersk bewusst. Jedoch benötigt ein Containerlogistiker mit einer Flotte von 717 Schiffen mit einer Kapazität für rund 4 Mio. TEU, eigenen Containerterminals und modernen Logistikanlagen auch ein tragfähiges und zukunftsweisendes Geschäftsmodell. Dazu kommt der Anspruch, die in den letzten zwei Jahren veräußerten Unternehmensteile mit einem Umsatzvolumen von 20 Mrd. USD in den Bereichen Retail, Banking, Oil & Energy und Tanker Shipping bis 2025 kompensieren zu wollen. Das lässt sich mit einem rein auf die Containerschifffahrt ausgerichteten Geschäftsmodell unmöglich bewerkstelligen.

Noch dazu herrscht in vielen Industriezweigen eine Tendenz hin zur Straffung der Lieferantenstrukturen. „Was soll man tun, wenn große Handelsketten, Lebensmittelhersteller oder Chemiekonzerne Interesse an neuen Logistikkonzepten anmelden, bei denen sie von den Dienstleistern mehr als nur die physischen Transportabwicklungen erwarten“, gibt Frank Hellberg zu bedenken. Nun, Maersk reagiert darauf mit einem neuen Geschäftsmodell, das neben der Transportlogistik zur See auf Wunsch auch Import- und Exportverzollungen, Shuttledienste per Barge, Truck oder Rail („carriers haulage“), China Rail, Supply Chain Solutions, Warehousing & Distribution und 4PL-Funktionen mitsamt einem Control Tower einschließt.

„Das kann zu Konflikten mit der Speditionsbranche führen“, weiß Frank Hellberg die Dinge richtig einzuschätzen. Es folgt die unmissverständliche Ansage, wonach Maersk auch unter den geänderten Vorzeichen ein glaubwürdiger und vertrauensvoller Partner der Logistikindustrie bleiben wird. Allerdings werde man in Zukunft auch weiterhin in eigene Intermodal-Produkte investieren, wenn Bedarf dafür vorhanden ist. Als Beispiel nennt der Österreich Country Manager, Marc Krönke, den vor acht Wochen gestarteten Intermodal-Service von Enns nach Koper. Dieser Bahnshuttle ist mittlerweile so gut ausgelastet, dass bereits Überlegungen für die baldige Verdoppelung des Angebotes auf wöchentlich zwei Rundläufe angestellt werden. Auch die Etablierung von Regelverkehren von Österreich nach Hamburg, Bremerhaven und Rotterdam wird geprüft.

Für Frank Hellberg ist das ein wichtiger Teilaspekt auf einer ganz spannenden Reise. „Ohne die Erhöhung der logistischen Fertigungstiefe droht uns der Verlust von wichtigen Kundenbeziehungen“, lautet die Prognose des Maersk-Mannes. So aber verfolgt der Containerlogistik-Spezialist eine Strategie, die ihm auch in Österreich wieder die Position des Marktführers einbringen soll. Hier wurde die Organisation in den letzten Jahren durch die Verlegung des „Customer Service“ nach Hamburg von mehr als 80 Beschäftigten auf sechs Mitarbeitende verschlankt, die ausschließlich mit Tätigkeiten im Bereich Sales befasst sind. Die Folge davon waren rückläufige Transportvolumina. Mittlerweile hat sich die Lage stabilisiert und besetzt das von Marc Krönke geleitete Maersk-Büro in Wien laut eigenen Angaben rund 15 Prozent des österreichischen Marktes.

Begleitet wird das Transformationsprogramm hin zum integrierten End-to-End Service Provider in der globalen Containerlogistik von massiven Investitionen in den Ausbau der Informationstechnologien. Als treibende Kraft hinter dem Blockchain-Portal „TradeLens“ eröffnet Maersk sowohl Kunden und Lieferanten als auch Mitbewerbern über eine Schnittstelle den Zugang zu weitreichend digitalisierten Geschäftsmodellen. Die Plattform bewährt sich. Mittlerweile haben mehrere führende Reedereiunternehmen, die zusammen über 60 Prozent der globalen Containerkapazitäten verantworten, ihren Beitritt angekündigt..

Auch das neueste Online-Produkt von Maersk ist auf dem besten Weg ein Erfolg zu werden. Die Rede ist von „Maersk Spot“. Bei dieser webbasierten Applikation erhalten die Kunden bei Buchungen eine Festpreis- und Verladegarantie mit attraktiven Nebenkonditionen, bekommen aber bei der Nichtinanspruchnahme der bestellten Slots Pönalen in Rechnung gestellt. Umgekehrt wird auch die Containerreederei mit einer „Strafzahlung“ zur Verantwortung gezogen, wenn sie ihr Leistungsversprechen verfehlt. Sinn und Zweck dieser Maßnahme ist die Schaffung eines Gesamtszenarios mit noch besser ausgelasteten Schiffen.

JOACHIM HORVATH

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