Die Europäischer Ladungs-Verbund Internationaler Spediteure AG (ELVIS) verklagt den Lkw-Hersteller Daimler wegen verbotener Kartellabsprachen auf Schadensersatz in Höhe von 90 Mio. Euro nebst 86 Mio. Euro Zinsen. Die über 600.000 Seiten starke Klageschrift wurde am 21. Dezember beim Landgericht Stuttgart eingereicht.
In der eigens für das Verfahren gegründeten GeFoS mbH hat ELVIS die Ansprüche von 310 kleinen und mittelständischen Frachtführerbetrieben gebündelt. Diese hatten zwischen Jänner 1997 und Januar 2011 Fahrgestelle und Sattelzugmaschinen von Daimler, MAN, Renault, Iveco, DAF, Scania oder Volvo erworben. In Summe handelt es sich dabei um 16.600 Lastkraftwagen, deren Kaufpreise nach Ansicht von ELVIS teilweise um mehr als 10.000 Euro überteuert waren. Aufgrund des hohen Streitwerts wird erwartet, dass Daimler die anderen Mitglieder des Kartells im Wege der Streitverkündung in das Verfahren hineinziehen wird.
„Durch das über viele Jahre bestehende Kartell der großen Hersteller wurden viele kleine Unternehmen massiv geschädigt. Das ist unerträglich“, sagt Jochen Eschborn, Vorstandsvorsitzender der ELVIS AG.
Um das finanzielle Risiko für ihre Partner zu minimieren, das mit einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung dieser Größenordnung einhergeht, hat ELVIS einen Prozessfinanzierer ins Boot geholt. Dieser übernimmt sämtliche Kosten, die in direktem Zusammenhang mit der Klage stehen. Im Gegenzug ist der Prozessfinanzierer an den Erlösen beteiligt, die aus einer Verurteilung der Lkw-Hersteller resultieren.
„Die Bereitschaft, die Klage zu finanzieren, zeigt auch, dass ihr gute Aussichten auf Erfolg eingeräumt werden. Dass die Nutzfahrzeughersteller Daimler, DAF, MAN, Iveco, Scania, Volvo und Renault jahrelang ein illegales Kartell gebildet haben, steht zumindest schon vor Prozessbeginn unstreitig fest“, schreibt ELVIS in einer Pressemitteilung. Zurückzuführen ist das auf eine entsprechende Entscheidung der Europäischen Kommission. Diese hat gegen die Mitglieder des Kartells Geldbußen von insgesamt fast 4 Mrd. Euro verhängt. Nach den Feststellungen der Kommission haben die genannten Nutzfahrzeug-Hersteller über 14 Jahre hinweg verbotene Absprachen getroffen, unter anderem über ihre Listenpreise und die verspätete Einführung von Technologien zur Senkung von Emissionen.
„Weil an diesen Absprachen alle großen europäischen Lkw-Hersteller beteiligt waren, hatten die Spediteure und Transportunternehmer keine Wahl, sie mussten erhebliche Preisaufschläge hinnehmen“, sagt Dr. Moritz Lorenz von der Kanzlei Arnecke Sibeth. Weitere Nachteile ergaben sich zudem aus der verzögerten Verfügbarkeit von Fahrzeugen mit höheren Abgasstandards. Der durch die verbotenen Absprachen entstandene Schaden wurde durch ein Sachverständigengutachten beziffert.
Anwaltlich vertreten wird die Kooperation von der Kanzlei Arnecke Sibeth, deren Expertise in puncto Transportrecht und Logistik als führend in Deutschland gilt. Mit einem Urteil des Stuttgarter Landgerichts ist nicht vor Mitte/Ende 2019 zu rechnen.