Die Anforderungen an die Zustellung von Paketen haben sich im Zuge der Pandemie fundamental geändert. Corona hat zu einem Allzeit-Ausgabenhoch im österreichischen Onlinehandel geführt, die Umsätze sind allein 2021 um mehr als 20 Prozent auf 9,6 Mrd. Euro gewachsen. Damit hat sich auch das Paketvolumen drastisch vergrößert. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der Endverbraucher an die Zustellung.
Dadurch wird die „Last Mile“ als finaler Transportweg der Pakete vom letzten Hub zum Endkunden für die Zusteller zunehmend zur Herausforderung. Die Empfänger sind zum geplanten Zustellzeitpunkt häufig nicht anwesend, was Ersatzzustellungen oder die Abholung in Paketshops notwendig macht. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Fahrten verursachen Lärmbelästigungen, Schadstoffemissionen und eine Zunahme des Individualverkehrs. Das wirkt auch der Erreichung der Klimaziele entgegen.
Ein vielversprechender Ansatz zur Bewältigung dieser Herausforderungen sind White-Label-Paketboxen. Unter diesem Begriff werden Paketboxen zusammengefasst, die eine flexible und offene Hinterlegung von Waren durch unterschiedliche Dienstleistungsunternehmen, Handeltreibende und Privatpersonen zulassen und damit eine zeitlich unabhängige Einlieferung und Abholung ermöglichen. Sie könnten gerade für den stationären Einzelhandel eine neue zukunftsträchtige Schnittstelle zur heimischen Kundschaft bedeuten.
Das Einsparungspotenzial der offenen Paketboxen für KEP-Dienstleister ist gewaltig: 50 Prozent der Zeit und 24 Prozent des zurückzulegenden Weges könnten damit eingespart werden. Das wären laut einer aktuellen Studie allein für die Stadt Graz Einsparungen von 263.289 Fahrzeugkilometern im Jahr, umgerechnet 44 Tonnen CO2. Die Reduktion von Emissionen, Lärm und weiteren schädlichen Nebenprodukten senkt die Gesundheitsrisiken und trägt zum Wohlbefinden der Bevölkerung bei.
„Aus logistischen Gesichtspunkten ist es natürlich viel effizienter, bei einem Stopp 20 Pakete in einer großen Boxenanlage abgeben zu können, als an 20 Wohnungen direkt zuzustellen. Wenn die Empfänger dabei die Wahlfreiheit haben, in welche Box oder ob doch an die Wohnungstüre geliefert werden soll, ist allen geholfen“, sagt Logistik-Experte Gerald Gregori.
Heute stellen neun Anbieter insgesamt 440 Boxenstandorte in Wien zur Verfügung, wovon mehr als 40 Prozent offene Boxensysteme, also frei verfügbar, sind. Neben der Anhebung der Erstzustellungsraten leisten die Paketboxen als Umschlagsboxen einen wertvollen Beitrag zur Stadt der kurzen Wege. Die WK Wien setzt sich daher auch für eine entsprechende Verfügbarkeit in allen Einkaufsstraßen und Einkaufsgrätzeln ein.
Um weitere Verbesserungen für die Klimamusterstadt Wien in Bezug auf die Verkehrsverlagerung, CO2-Einsparung und Effizienz der Infrastruktur zu erreichen, wurde unter der Leitung der Wiener Lokalbahnen das Wiener Stadtwerke-Projekt „Wien – Out Of The Box“ ins Leben gerufen. Das interdisziplinär zusammengestellte Konsortium arbeitet an einer umweltfreundlichen und effizienten City-Logistik für Wien und entwickelt dabei neue smarte Services für die Bürger sowie insbesondere die lokale Wirtschaft. Zentrales Element sind dabei offene Boxensysteme mit ihren zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten.