„Unserer Berufsgruppe werden enorme Werte anvertraut, ohne dass die Mitarbeitenden in den einzelnen Unternehmen die gebotene Wertschätzung erfahren.“ Das bemerkte der Generaldirektor einer bedeutenden internationalen Spedition vor einigen Jahren in einem Zeitungsinterview. Ob und inwieweit sich daran seither etwas geändert hat, muss jeder für sich selbst beurteilen. Jedoch ist es eine Tatsache, dass bei den Arbeitgebern in der heimischen Transport- und Logistikbranche ein großer Bedarf an Fachkräften besteht. Die Unternehmen tun vieles, um junge Menschen, Neu- oder Quereinsteiger als Mitarbeitende zu gewinnen. Es gibt ausgefeilte Programme im Bereich der Lehrlingsausbildung und Initiativen wie die „Duale Akademie“ für Studienabbrecher, AHS- und BHS-Maturanten, um zwei konkrete Beispiele zu nennen.
Im „Logistik.Club“ als Treffpunkt für Entscheidungsträger aus Logistik, Transport, Supply Chain Management und Wirtschaft diskutierte am 7. März ein mit Persönlichkeiten aus der Transport- und Logistikbranche besetztes Podium über den Kampf um „junge Talente“ und Personen mit Interesse an einer beruflichen Neuorientierung. „Unsere Branche ist interessant, vielseitig, international und bietet tolle Karrierechancen“, berichtete Guggi Deiser, Leiterin der Fachgruppe Aus- und Weiterbildung im Fachverband Spedition & Logistik. Leider würden die hier bestehenden Möglichkeiten viel zu wenig angenommen. Für den kürzlich aus der Funktion als CEO von Gebrüder Weiss ausgeschiedenen Wolfgang Niessner ist das auch dem Umstand geschuldet, dass die Unternehmen der Transport- und Logistikbranche von jungen Menschen noch immer viel zu wenig als interessante Dienstgeber betrachtet werden.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Erstens haben die bisherigen Initiativen zur Imageverbesserung der Logistikbranche nicht die erhoffte Wirkung erzielt. Viele Menschen setzen Transport- und Logistikunternehmen noch immer mit Lärm, Luftverschmutzung, Lkw-Fahren und einfachen Hilfstätigkeiten im Lager gleich. Dabei müssen die Bediensteten in den Unternehmen heute vielfältige Fähigkeiten besitzen und den Umgang mit komplizierten Gesetzestexten, Regulativen oder Compliance-Bestimmungen beherrschen. Ein Handicap der Branche sind die mehrheitlich an der Peripherie der Wirtschaftszentren befindlichen Unternehmensstandorte, was ihre Erreichbarkeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erschwert.
Darüber hinaus zählt in der Logistikbranche ganz klar die Leistung, wie Wolfgang Niessner ausführte. Das bestätigte Guggi Dieser mit der Feststellung, dass man als Dienstleister jeden Tag aufs Neue die Einsatzbereitschaft für die Kunden unter Beweis stellen müsse. Wer dazu gewillt sei, der habe gute Aufstiegschancen in einem tollen Berufsfeld, in dem sich junge Menschen oder gerne auch Quer- und Neueinsteiger in unterschiedlichen Bereichen verwirklichen könnten und speziell bei den größeren Unternehmen tolle Chancen für eine Beschäftigung im Ausland bestünden. Jedoch müssten die Unternehmen speziell die Jugendlichen schon auch für die Disziplin der Logistik begeistern, fair behandeln und ihnen erfahrene Führungskräfte zur Seite stellen, um diese im Tagesgeschäft zur Erbringung von Spitzenleistungen zu motivieren.