Hellas bleibt für europäische Logistiker eine Herausforderung

Obwohl Griechenland durch das Engagement der chinesischen Staatsreederei im Hafen Piräus in den Fokus der Transportlogistikindustrie gerückt ist, gestaltet sich seine Bedienung einigermaßen schwierig. Dabei trotzt die Gartner KG den zuletzt deutlich gesunkenen Frachtraten und den Hindernissen im Schienengüterverkehr.

Hellas bleibt für europäische  Logistiker eine Herausforderung Bild: Das UKV-Terminal in Sindos ist für die Gartner KG das UKV-Eingangstor nach Griechenland.

LAMBACH. Mit der griechischen Wirtschaft geht es wieder leicht bergauf. Das Land, dessen Bruttosozialprodukt in den letzten Jahren um 25 Prozent gesunken ist, versucht die Talsohle zu verlassen. Es gibt Anzeichen für eine positive Entwicklung der Volkswirtschaft. Doch die sind für Jochen Weber wenig ermutigend. Für 2019 steht laut seinen Informationen ein BIP-Wachstum in der Bandbreite zwischen ein und zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr in Aussicht. Das ist nach seinem Empfinden viel zu wenig, um von einer klaren Trendwende sprechen zu können. Noch dazu gibt es kaum Anzeichen für große Investitionen im Industriebereich.

Jochen Weber ist Leiter Bahn/Intermodal/Container bei der Gartner KG. Das internationale Transportlogistikunternehmen mit Hauptsitz in der oberösterreichischen Gemeinde Lambach engagiert sich seit vielen Jahren im Griechenland-Verkehr. Es hat zu diesem Zweck zwei Firmen gegründet. Gartner Hellas ist das, was man unter einem klassischen Frachtführer mit Tätigkeiten in den Bereichen Fernverkehr und nationale Distribution versteht. Die kurz SRS genannte Sindos Railcontainer Services S.A. betreibt seit 2004 ein privates Umschlagterminal Schiene-Straße im Industriegebiet von Thessaloniki. In der Blütezeit wurden auf dem 35.000 m² großen Gelände wöchentlich sechs bis acht Züge abgefertigt.

Derzeit betreut das Team von Sindos Railcontainer Services zwei Rundlaufzüge in der Woche. Der markante Rückgang beim Aufkommen ist der Wirtschaftskrise in Griechenland geschuldet. Die Bevölkerung musste den Gürtel enger schnallen. Auch heute noch wird bei privaten Ausgaben jeder Cent zweimal umgedreht. Das sparsamere Einkaufsverhalten der Menschen erstreckt sich über das ganze Land. Nur in den Tourismuszentren floriert der Konsum einigermaßen. Aber das ist zu wenig, um die Systeme der namhaften internationalen Handelsketten am Laufen zu halten. Als Folge davon haben sich bereits zwei große Anbieter aus dem südosteuropäischen Land zurückgezogen.

Auch für die Gartner-Gruppe stellte sich die Bedienung von Griechenland schon einfacher dar. „Wir haben in den frühen 2000er Jahren für einen Großkunden eine intermodale Logistikkette von Österreich nach Hellas entwickelt und realisiert“, schildert Jochen Weber im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Die Systemverkehre funktionierten einwandfrei, und zunächst wuchsen auch die Transportmengen stetig. Zur besten Zeit wurden pro Woche 12 Rundlauf-Züge auf die Schiene gesetzt. Sie legten die 1.760 Kilometer lange Strecke von Lambach nach Sindos in dreieinhalb Tagen zurück. Man kann sagen, das war eine herrliche Zeit.

Momentan belasten die europaweit tätige österreichische Transportorganisation mit insgesamt 2.000 Zugmaschinen, ungefähr 2.700 Aufliegern und 1.450 Containereinheiten für Einsätze im Unbegleiteten Kombinierten Verkehr (UKV) im Fahrtgebiet Griechenland zwei Problemstellungen. Einerseits sind die Frachtraten in den vergangenen zehn Jahren um fast ein Drittel gesunken. Das verkraften nur die wirtschaftlich solide aufgestellten Transportfirmen. Gleichzeitig ist der UKV in ein Szenario eingebettet, das Jochen Weber dezent „als komplexe Kette im grenzüberschreitenden Transportwesen“ beschreibt. Soll heißen: Lange Grenzaufenthalte, fehlende Triebfahrzeuge, Lokführermangel und verschiedene technische Aspekte verursachen massive zeitliche Verzögerungen.

Besonders krass kommen die genannten Defizite auf der im Ausbau befindlichen Bahnstrecke zwischen Belgrad und Subotica zum Vorschein. Aber auch in Griechenland befinde sich das System Schiene in einem katastrophalen Zustand, beklagt Jochen Weber. Sowohl der Ober- und Unterbau als auch die Signaltechnik auf den Bahnstrecken von und nach Griechenland bedürften hier dringend einer Modernisierung. Ein derartiges und durchgehendes Maßnahmenpaket sei für den Bahnkorridor sei aber nicht in Sicht. Erforderlich sei insbesondere ein leistungsfähiger Korridor und der Ausbau der eingleisigen Bahnstrecke zwischen Nis und Griechenland.

So kommt es, dass die intermodalen Blockzug-Verbindungen von Oberösterreich nach Sindos derzeit durchschnittlich sechs bis acht Tage unterwegs sind. Das ist die doppelte Zeit im Vergleich zu früher und wird von der Gartner KG in dem Serviceverständnis für ihre Kunden sehr kritisch bewertet und verlangte als Backup auch bereits die Aufnahme von alternativen, intermodalen Routen von und nach Griechenland.

Was bleibt, ist die bunt aufgestellte lokale und nationale Logistikbranche. „Griechenland war kein einfaches Gebiet und wird kein einfacher Markt werden. Dadurch bedingt gibt es hier noch einige kleine sowie mittelgroße Dienstleiser, während die Systeme der Konzernspeditionen kaum zum Tragen kommen“, befindet Jochen Weber. Dies umso mehr, weil dieser Markt abseits der Autobahnen anstrengend zu bedienen sei. Trotzdem bleibt das südosteuropäische Land ein Fixpunkt im Netz der Gartner KG, dessen Bedienung entweder im UKV auf der Schiene oder unter Einschaltung der Fährverbindung zwischen Triest und Patras erfolgt. Dazu kommen als dritte Variante die über Venedig oder Ancona gerouteten Kühltransporte mit drei bis fünf Tagen Laufzeit von Österreich nach Hellas.

JOACHIM HORVATH

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