In einem Binnenland herrscht oft die Annahme vor, zyklischeBranchen wie Stahl, Aluminium, Maschinenbau oder die Kfz-Industrie würden am empfindlichsten von protektionistischen Zöllen getroffen. Die Unsicherheiten, mit denen Unternehmen der Seefracht-Logistik nun konfrontiert sind, widerlegen dies jedoch. Sind doch Reedereien noch mehr von einer unkalkulierbaren Nachfrage tangiert.
Und die Auswirkungen sind auch sofort spürbar: Im Umfeld der jüngsten Zoll-Maßnahmen der USA gegenüber den Handelspartnern sackte der an der Londoner Baltic Exchange veröffentlichte Baltic Dry Freight Index (BDI) seit 14. März von 1.665 Punkten auf zuletzt 1.263 Zähler ab. Der Preisindex, der die Frachtkosten ausgewählter Rohstoffe wie Kohle, Eisenerz oder Agrargüter auf relevanten Routen der Weltmeere misst, vollzog somit eine deutliche Umkehr.
Der Umfang der Herausforderungen der Reedereien ist indes enorm. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) weist nicht nur auf die Aufgaben der Schifffahrtsunternehmen im Containergeschäft, wie die technische Mannschaftsbetreuung mit Nautikern, Ingenieuren und Handwerkern für die Betriebsbereitschaft und Instandhaltung, hin. Zum Crew Management käme noch die erforderliche kaufmännische Betreuung, die Kalkulation mit angepassten Versicherungen sowie die ständige Kommunikation mit den Eigentümern hinzu.
Durch die weiterhin fragilen Lieferketten haben vor allem Aktionäre europäischer Gesellschaften wenig Grund zur Freude. Titel der Hamburger Hapag-Lloyd stehen nach heftigen Auf- und Abschwüngen heute 8 Prozent unter dem Niveau von April 2021. Die Papiere der dänischen Moeller-Maersk erlitten, nach einem vorübergehenden Anstieg bis Jänner 2021, seither mehr als eine Halbierung der Kurse.
Nach zuvor herben Verlusten setzte allerdings die Notiz der ab 2005 an der Athener Börse notierten Euroseas Ltd. Mitte März zu einem Sprung an, der den Kurs (trotz der Marktkapriolen) um 17 Prozent auf 24,60 EUR (in Frankfurt) hob. Die Valoren der in Shanghai ansässigen China Cosco Holdings Co Ltd (ebenso in Frankfurt gelistet) machten indes 80 Prozent des Kurseinbruchs der ersten Aprilwoche wett.
Als lukrativ erwies sich während der vergangenen Jahre ein Engagement bei der japanischen Mitsui O.S.K. Lines, deren Aktien an der Frankfurter Börse mit zuletzt 29 EUR seit fünf Jahren um mehr als 400 Prozent galoppierten. Eine scharfe Korrektur um 20 Prozent auf 27 EUR erfuhren seit sechs Wochen wiederum die Titel der Nippon Yusen, die zuvor noch von einem Erfolgslauf begleitet waren.
