Um den Anforderungen der produzierenden Wirtschaft in Vorarlberg gerecht zu werden, drängt die Landesorganisation der Industriellenvereinigung auf den raschen Ausbau der Schieneninfrastruktur im Land. „Für einen qualitativ hochwertigen Güterverkehr brauchen wir so schnell wie möglich die durchgehende Dreigleisigkeit von Bregenz bis Feldkirch“, fordert Hubert Rhomberg, Vizepräsident der IV-Vorarlberg. Einige Ausbauten sollten deshalb schon jetzt in einem Stufenplan vorgezogen werden. Mittelfristig müsse auch ein viertes Gleis im Rheintal folgen, denn „nur so gelingt die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene.“
Im Zusammenhang mit der Forderung bemängelt die IV-Vorarlberg eine Studie von Land und ÖBB Infrastruktur AG, die untersucht hat, in welchem Ausmaß Vorarlbergs Schieneninfrastruktur während der nächsten Jahrzehnte gefordert sein wird. Als Grundlage der Prognose zum Ausbau des Güterverkehrssektors dienten Zahlen aus der Vergangenheit. Auch wurden die Unternehmen im Land nicht befragt, wie viel sie künftig über die Schiene abtransportieren wollen. Nach Ansicht der IV hat dies zur Folge, dass sowohl das Land Vorarlberg als auch die ÖBB den Investitionsbedarf massiv unterschätzen.
Deshalb hat die IV-Vorarlberg eine eigene Studie zur Überprüfung der vorgelegten Zahlen beauftragt, da in Absprache mit Industriebetrieben mangelnde Kapazitäten festgestellt worden waren. Die von dem Experten für Verkehrswirtschaft und Eisenbahnwesen, Dr. Ralf Chaument, verfasste Arbeit analysiert anhand eines konkreten Beispiels – dem Güterverkehr südlich Dornbirns mit der Anschlussbahn Stöcken/Wallenmahd – die Herausforderungen an die Schieneninfrastruktur für den Güterverkehr. Chaument kommt zu dem Ergebnis, dass die Studie von Land und ÖBB zu falschen Schlüssen führt.
In seinem Gutachten nennt der Verkehrsexperte ein konkretes Beispiel: „In der Studie des Landes ist man auf der Strecke Wolfurt – Lauterach Süd für 2019 von insgesamt sechs Güterzügen in einem Tageszeitraum ausgegangen. Realität ist allerdings, dass bereits jetzt 27 Güterzüge pro Tag diese Strecke nutzen. Dieser Wert von heuer, 2022, übertrifft teils sogar die Prognosen für 2040. Man sieht also, dass es hier um alles andere als kleine Differenzen geht. Somit unterschätzt das Land den Bedarf für heuer bereits um das beinahe Fünffache. Was das für die Prognosen für 2040 bedeutet, wenn die Analysedaten so weit auseinanderliegen, braucht man wohl nicht näher zu erläutern“, meint Chaument.
IV-Vorarlberg-Vizepräsident Rhomberg wünscht sich daher ein Umdenken des Landes und eine fundierte Analyse des Bedarfs, nämlich unter Einbeziehung der Vorarlberger Unternehmen und deren Anforderungen: „Die von uns erhobenen Zahlen zeigen auf, wie viel Bedarf es im Industriegebiet Wallenmahd gibt. Wir wissen allerdings auch von anderen Bereichen im Land, in denen der Bedarf signifikant höher ist als die tatsächlichen Möglichkeiten es zulassen. Bereits jetzt wollen Unternehmen mehr Güter von der Straße auf die Schiene verlagern, können es aber nicht. Unsere Betriebe wissen am besten, wie hoch der Transportbedarf derzeit ist und wie er sich weiterentwickeln wird. Daher braucht es eine neuerliche Analyse, gemeinsam mit den Vorarlberger Betrieben, um den künftigen Infrastrukturausbau an den tatsächlichen Bedarf anzupassen und die erforderliche Qualität im Güterverkehr zu erreichen.“