LEOPOLDSDORF. Umweltfreundliche Initiativen von Logistikdienstleistern kommen in der Öffentlichkeit gut an. Sobald die Unternehmen in Fahrzeuge mit Elektromotoren beziehungsweise in LNG-Trucks investieren, auf ihren Gebäuden Photovoltaikanlagen installieren oder „City Hubs“ eröffnen, finden sie Eingang in die mediale Berichterstattung. Die Artikel sind mit Fotos illustriert, auf denen Lokalpolitiker den Managern zu den getätigten Maßnahmen gratulieren und sie zum Weitermachen aufmuntern. Doch die „grüne Logistik“ hat ihren Preis, und den bezahlen derzeit zur Gänze die Transportunternehmen, Speditionen, Kurier- und Expressdienste. Kaum ein Kunde akzeptiert finanzielle Mehrbelastungen, die mit ökologischen Argumenten begründet werden.
„Ein E-Fahrzeug kostet in der Anschaffung und in der Erhaltung mehr als ein Transporter oder Lkw mit einem Dieselmotor als Antrieb“, spricht Mag. Rainer Schwarz aus Erfahrung. Der Manager bildet mit Georg Karoh die Geschäftsführung von Österreichs führendem privaten Paketdienst. Die DPD Direct Parcel Distribution GmbH hat im Jahr 2019 im Auftrag von mehr als 14.000 Kunden im In- und Ausland rund 52 Mio. Pakete transportiert. Davon entfielen 72 Prozent auf das B2B-Geschäft, das im Vergleich zu 2018 um 2 Prozent gewachsen ist. Hier liegen die Wurzeln des vor 32 Jahren gegründeten Unternehmens. Im Segment B2C steht ein knapp 19%iges Sendungsplus zu Buche, getragen vom boomenden Online-Handel und den damit verbundenen Importen aus dem benachbarten Ausland. Die Exportmengen von DPD Austria sind in der Berichtsperiode um 6 Prozent gestiegen.
Auch die Etablierung von Standorten in städtischen Zentrallagen sei mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden, ergänzt Rainer Schwarz. Man müsse da ganz klar zwischen den Preisen für Grundstücke in ländlichen Regionen und für Flächen in den Ballungsräumen differenzieren. Speziell die Etablierung von „City Hubs“ werfe beträchtliche Kosten auf. Umso mehr hofft man bei DPD Austria auf Impulse von der neuen Regierung, die engagierte Schritte zur Eindämmung des Klimawandels setzen will und dabei Maßnahmen hin zu einer umweltfreundlicheren Abwicklung der Transportlogistik unterstützen sollte. „Den Unternehmen wäre schon mit der Bereitstellung von günstigeren Flächen oder mit der Gewährung von steuerlichen Anreizen gedient“, appelliert Rainer Schwarz.
Abseits der Initiativen zum Wohl der Umwelt sieht sich DPD Austria mit einem verschärften Wettbewerbsumfeld konfrontiert. Der Online-Riese Amazon baut in Österreich ein eigenes Logistiknetz auf, die Österreichische Post betreut jetzt auch das Geschäft von DHL Paket. Hinzu kommen die anderen bekannten Akteure wie GLS, UPS und FedEx. In diesem Szenario positioniert sich das Unternehmen als Innovations- und Qualitätsführer. Die Vision lautet, sich als mehrheitlich österreichischer Dienstleister im Wettbewerb mit den internationalen Großkonzernen zu behaupten. Dabei setzt das Management großes Vertrauen in die engagierten MitarbeiterInnen mit guten Marktkenntnissen und in die dezentrale Aufstellung. Die Eigentümer Gebrüder Weiss, Lagermax und Schachinger investieren im Unterschied zu den Großkonzernen mit Bedacht und mit längeren Planungshorizonten.
Dazu passt die Strategie des Wachstums, das die Organisation verkraften kann. Die breite Kundenbasis schützt DPD Austria vor dem Entstehen von Abhängigkeitsverhältnissen von bestimmten Großversendern. Solche Auftraggeber zu finden, sei im B2C-Geschäft relativ einfach. Man müsse mit der Tätigkeit für diese Unternehmen aber auch Geld verdienen. Das stehe dann auf einem anderen Blatt, argumentiert Rainer Schwarz. Trotzdem plant DPD Austria im laufenden Jahr den Ausbau des Paketshop-Netzwerks von derzeit 1.500 Standorten im Bundesgebiet auf rund 1.800 Stationen, wozu auch die Kooperation mit einer großen Handelskette beitragen soll. Parallel dazu läuft ein Programm zur Unterstützung des Mobilfunkunternehmens A1 und der Salzburg AG beim Ausbau der Paketbox-Stationen auf Bahnhöfen und hochfrequentierten Plätzen.
Ein Dauerbrenner bleibt die Digitalisierung mit dem erklärten Ziel der möglichst flexiblen Kundenbetreuung. Das erfordert die Implementierung von Programmen und IT-Systematiken, die auf den ersten Blick banal erscheinen. Die auf myDPD hinterlegten „Wunsch Shops“ oder die elektronisch übermittelten „Abstellgenehmigungen“ sind jedoch technisch sowie operativ mit großen Herausforderungen verbunden.
Bei DPD Austria stehen täglich rund 1.700 Fahrzeuge und 850 Wechselbrücken im Einsatz. Die Fahrer sind seit dem Vorjahr mit einer neuen Scanner-Generation von Honeywell ausgestattet. Dabei handelt es sich um Geräte mit einer Android-Software, die bei Bedarf auch Unterstützung bei der Navigation und bei der Routenoptimierung bieten. Als Ergänzung dazu befindet sich eine App in der Entwicklung, die Teilzeitkräfte und Aushilfsfahrer in Zukunft auf ihren Smartphones installieren können. „Je weiter nach Westösterreich man kommt, desto angespannter ist der Arbeitsmarkt bei den Frächtern und Fahrern“, berichtet Rainer Schwarz. Da führe in der Hochsaison kein Weg an den Aushilfskräften vorbei. Die App als Ergänzung zur Paketshop-Software wurde im Vorjahr fertiggestellt und eingeführt.
Produktspezifisch will der private Paketdienst im laufenden Jahr als Ergänzung zu den Lösungen für die Wein-/Lebensmittellogistik und für die in speziellen Fällen von der Serviceschiene primetime betreuten Branchen High Tech und Telekommunikation den Service für Baustellenbelieferungen weiterentwickeln. Geplant sind Boxensysteme mit einer automatischen Benachrichtigung der Empfangspersonen und Zustellungen auf der Basis von Geokoordinaten. Auf Großbaustellen gibt es oft noch keine Adressen. Das bringt die Fahrer des Paketdienstes mitunter zur Verzweiflung. Bei DPD Austria hält sich der Bedarf an Neubauten im laufenden Jahr in Grenzen. Nur im Depot in Leobendorf bei Wien wäre eine Erweiterung notwendig. Dafür muss mangels Expansionsmöglichkeiten am aktuellen Standort eine alternative Lösung gefunden werden.
JOACHIM HORVATH