LINZ. Es ist bald 20 Jahre her, dass die Steel Division des voestalpine Konzerns ihre bis dahin intern gemanagte Logistiksparte in die unternehmerische Eigenständigkeit überführt hat. Seither schreiben die im 100%igen Eigentum der voestalpine befindliche Logistik Service GmbH (LogServ) als umfassender 3PL im industriellen Bereich und das ihr zugeordnete private Eisenbahnverkehrsunternehmen Cargo Service GmbH (CargoServ) eine Erfolgsgeschichte. Für das Geschäftsjahr 2018/19 weist die LogServ einen Umsatz in der Höhe von 390 Mio. Euro aus. Davon entfallen 45,3 Mio. Euro auf Drittgeschäfte, sprich auf die Erbringung von Dienstleistungen aller Art (z.B: Transportmanagement per Lkw/Bahn/Binnenschiff, Kontraktlogistik, Distribution, Betrieb und Instandhaltung von Anschlussbahnen, Fuhrparkmanagement). Der Personalstand liegt aktuell bei 880 Mitarbeitenden.
In diesen Wochen berichten die Medien regelmäßig über deutliche Auftragseinbußen bei den meisten Unternehmen in den Industriezweigen Automotive (Zulieferer und OEMs), Maschinenbau und Energie – hervorgerufen durch die niedrigen Rohölpreise. Das zwingt die von Christian Janecek und Markus Schinko gebildete LogServ-Geschäftsführung zur Achtsamkeit. Wenn der Absatz der Stahlprodukte ,,Made by voestalpine“ ins Stocken gerät, zeigt das Folgen für viele Geschäftspartner. Man darf das aber nicht zu eindimensional sehen. Zwar sind stagnierende oder sinkende Transportmengen die logische Folge dieser Entwicklung. Das zwingt die Dienstleister zu einer strengen Kostendisziplin. Jedoch geht das einher mit der steigenden Bereitschaft der betroffenen Unternehmen zur Analyse und Optimierung der bestehenden Prozessketten sowie Ablauforganisationen. Und das kann letztendlich im Gewinn von neuen Geschäften münden.
Das bewirkte bei der LogServ zuletzt zahlreiche Anfragen und Auftragseingänge im Bereich der logistischen Beratungstätigkeit. In dieser Rolle fühlen die Spezialisten der Gesellschaft den Abläufen bei den Kunden auf den Zahn und entwickeln aus den dabei gesammelten Erkenntnissen neue Konzepte. ,,Dabei geht es in erster Linie um Kosten- und Ressourcenoptimierungen bei gleichzeitiger Gewährleistung der geforderten Qualität“, erklärt Markus Schinko im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung Als Beispiel erwähnt er den soeben mit dem ,,Staatspreis Mobilität“ ausgezeichneten innovativen Güterwagen TransANT, der neu bei den Erztransporten für die voestalpine Steel Division von Eisenerz nach Linz zum Einsatz kommt. Aus der Leichtbauweise der Fahrzeuge resultieren Nutzlastgewinne und die Einsparung von 100 Zugtrassen im Jahr. Das sind bei 1,8 Mio. Tonnen Transportaufkommen etwa 10 Prozent weniger Fahrten.
Leidtragender der positiven Entwicklungszenarien im Schienengüterverkehr könnte auch die Binnenschifffahrt sein, die für die voestalpine Steel Division speziell bei der Beschaffung von Rohstoffen und beim Transport von Massengütern auch in Zukunft nicht wegzudenken ist. Dabei müsse man aber zwischen den West- und Ostverkehren unterscheiden, sagt Markus Schinko. Erstere kommen speziell wegen der steigenden Leistungsfähigkeit der Bahnen stark unter Druck. So sind zum Beispiel die in früheren Zeiten fast zur Gänze auf der Wasserstraße durchgeführten Kohletransporte mehrheitlich zum Verkehrsträger Schiene umgeschwenkt. Die lange Niederwasserperiode im Jahr 2018 hat der Branche zugesetzt, deren bisherige Struktur in Frage gestellt wird. Aktuell fehlen auf der Rhein-Main-Donau-Achse die Personalressourcen bei den Partikulieren. Es finden sich immer weniger junge Menschen, die ihr ganzes Berufsleben auf einem Binnenschiff verbringen wollen.
Im Unterschied dazu rechnet Markus Schinko bei den Ostverkehren mit stabilen bis leicht ansteigenden Transportmengen. Hier gebe es sehr große Akteure mit leistungsfähigen Koppelverbänden sowie einem anderen Tarifgefüge, sagt der LogServ-Manager. Was er in der Binnenschifffahrt vermisst, sind europäische Lösungen zur Beseitigung der Mängel im Bereich der Infrastrukturen. Nach wie vor existieren zu viele veraltete Schleusen und Probleme bei den Fahrwassertiefen, was den wirtschaftlichen Einsatz der Motorgüterschiffe bei den West- und der Koppelverbände bei den Ostverkehren erschwere. Darüber hinaus fehlten die finanziellen Mittel für die Investitionen zur Ertüchtigung und Modernisierung der Fahrwasserrinnen und Binnenhäfen. Dadurch bedingt sei die Nutzung des Rhein-Main-Donau-Kanals in den letzten Jahren komplizierter geworden, lautet das Urteil der LogServ-Geschäftsführung, deren Fachwissen die Beteiligung des durch sie repräsentierten Unternehmens an der internationalen Binnenschifffahrtsspedition KN Euroshipping zugrunde liegt.
In der Bahnlogistik stellt man sich bei der LogServ auf massive Verlagerungen von der Straße und teilweise auch von der Binnenschifffahrt auf die Schiene ein. Durch das von Bewegungen wie ,,Fridays for future“ ausgelöste Umdenken werde das Aufkommen sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr steigen, ist man überzeugt. ,,Der Ausbau der jetzt schon überlasteten Schieneninfrastruktur kann nicht in der notwendigen Geschwindigkeit erfolgen“, warnt Markus Schinko vor überzogenen Erwartungen. Daher müssten die Bahnlogistiker Lösungen zur Erhöhung der Taktfrequenzen bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz der Zugsysteme – Stichwort TransANT – entwickeln. Dafür sind zusätzliche Lokführer, Wagenmeister und Verschieber notwendig. Derzeit durchlaufen 100 Triebfahrzeugführer die LogServ-Ausbildungsakademie, davon 40 Bedienstete der ÖBB.
Für die Logistiktochter der voestalpine Steel Division bleibt das vorrangige Ziel in der nahen Zukunft die optimale Servicierung der Muttergesellschaft und der Drittkunden. ,,Das ergibt für alle Beteiligten tolle Synergieeffekte“, ist Markus Schinko überzeugt. Dabei sieht er in der Internationalisierung der Kunden einen Impulsgeber für den Ausbau der Geschäftstätigkeit in den Segmenten Luft- und Seefracht. Die voestalpine Stahl Linz GmbH begleitet ihre Stammkunden aus der Automobil-, Bahn- und Energieindustrie bis nach China, Südafrika, Mexiko und in die Vereinigten Staaten von Amerika. Genauso will es die LogServ machen, das sowohl beim Alleineigentümer als auch bei den Drittkunden mit Interesse an einer Neugestaltung der Logistikprozesse und an einer Ausweitung des Lieferradius.
JOACHIM HORVATH