Kreisel Electric bringt „Spannung“ in die Logistik

Kreisel Electric schreibt eine der außergewöhnlichsten Geschichten in der österreichischen Unternehmenslandschaft. Der „Solution Provider“ im Geschäftsfeld Elektromobilität besitzt fünf Jahre nach der Firmengründung einen weltweiten Bekanntheitsgrad und wünscht sich von der Logistikbranche bessere Auskünfte bei Problemen.

Kreisel Electric bringt  „Spannung“ in die Logistik Bild: Am Firmensitz von Kreisel Electric in Rainbach im Mühlkreis herrscht eine Art Campus-Stimmung.

RAINBACH IM MÜHLKREIS. Vor der Firmenzentrale tüftelt eine Gruppe junger Leute an einem Fahrzeug herum. Am Empfang herrscht eine entspannte Atmosphäre. In den Büros wird konzentriert gearbeitet und in der Produktion bringt Musik Abwechslung in den Alltag der Fachkräfte. Dafür nehmen einige Beschäftigte der Kreisel Electric GmbH gerne eine längere Anreise in Kauf. Sie schätzen sich glücklich über ihre Anstellung bei einem der spannendsten Arbeitgeber in Österreich. Kreisel Electric besteht erst seit fünf Jahren. Das Familienunternehmen entwickelt laut eigenen Angaben die weltweit leichtesten und effizientesten Hochleistungsbatterien für Pkw, Lkw, Busse, Boote und Flugzeuge mit Elektro- oder Hybridantrieb. Dabei liegt die Kernkompetenz laut eigenen Angaben in der Verbindungstechnik und im Thermomanagement.

Damit und mit den Schnellladestationen Chimero sowie dem Heimspeicher Mavero ist Kreisel Electric bis heute zu einem Anbieter von Lösungen für eine elektrifizierte Welt mit rund 120 Mitarbeitenden aufgestiegen. „Unsere Vision besteht in der Integration der elektrischen Antriebstechnologien in allen Bereichen der Mobilität“, sagt Markus Kreisel, der das Unternehmen gemeinsam mit seinen zwei Brüdern Johann und Philipp gegründet hat. Jeder von ihnen betreut ein Spezialgebiet. Johann Kreisel besitzt profundes Know-how in Sachen Elektrotechnik. Markus Kreisel kümmert sich um die kaufmännischen Agenden des stark wachsenden Unternehmens. Und bei Philipp Kreisel ist die Fachkompetenz für den Maschinenbau angesiedelt.

Was der Sache einen besonderen Reiz verleiht, ist das frühe Stadium der Elektrifizierung, mit deren Hilfe sich selbst strukturschwache Regionen in Asien oder auf dem afrikanischen Kontinent selbst versorgen könnten, wie Markus Kreisel im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung betont. Für ihn fängt diese neue, nachhaltige und umweltfreundliche Form der Antriebstechnologie in Fahrzeugen gerade erst an. Kreisel Electric befindet sich hier in einer tollen Ausgangsposition. Obwohl das Unternehmen aus einem Hobby heraus entstanden ist, kennen heute so ziemlich alle Manager in der vielschichtigen automotiven Industrie seinen Namen. Auch bei den Herstellern von Booten und Flugzeugen besitzt es einen guten Ruf. Damit das so bleibt, setzen die Spezialisten am Firmensitz in Rainbach im Mühlkreis – etwa 35 Minuten Fahrzeit mit dem Pkw von Linz entfernt – alle Hebel in Bewegung. Ihr gemeinsames Ziel ist die ständige Weiterentwicklung der Produkte, begleitet von kontinuierlichen Effizienzsteigerungen.

Parallel dazu strebt Kreisel Electric nach dem Ausbau der Partnerschaften mit großen OEMs. Dazu läuft im Werkstättentrakt des Unternehmens gerade ein Testversuch mit dem SUV eines chinesischen Fahrzeugherstellers. Weitere Interessenten kommen aus Indien und Europa. Gerade in der Umsetzung befindet sich ein Projekt zur Elektrifizierung von Autobussen in London. Das sei ein ganz interessanter Auftrag, räsoniert Markus Kreisel. Als umso störender empfindet er den Umstand, dass aufgrund des bevorstehenden Brexit alle Fördermaßnahmen der Europäischen Union in Großbritannien derzeit gestoppt sind. Das habe einige ambitionierte Projekte vorübergehend ins Stocken gebracht, bedauert er.

Kreisel Electric beherrscht wie kaum ein anderes Unternehmen auf der Welt die Entwicklung sowie Umsetzung von Plattformen für die Herstellung von Hochleistungsbatterien für die Mobilitätsindustrie. „Bei uns bekommen die OEMs zu attraktiven Investitionskosten die besten und noch dazu skalierbare Lösungen“, lautet die Kernbotschaft von Markus Kreisel. Dazu muss man wissen, dass die Realisierung einer Batteriefabrik mit einer Kapazität von 200.000 Einheiten im Jahr rund 500 Mio. Euro kostet. Ein namhafter Großkonzern hat zuletzt rund 2 Mrd. Euro in ein Mega-Projekt investiert und kommt dabei praktisch nicht von der Stelle. Man kann sagen, die Risiken sind enorm.

Hier setzen die Lösungen von Kreisel Electric an. Das oberösterreichische Unternehmen sieht sich als „Solution Provider“ für die Industrie. Seine Technologien sparen den Kunden viel Zeit, Geld und Risiken. Kleinserien für Nutzfahrzeug-, Boot- oder Flugzeughersteller werden analog zu den Prototypen in Rainbach im Mühlkreis hergestellt. Die dafür erforderlichen Lithium-Ionen-Zellen liefert ein südkoreanisches Partnerunternehmen, dessen Produkte eine Zwischenlagerung am neuen Standort der Gefahrgutspedition Saexinger in Ennsdorf erfahren und auf Abruf mit ADR-Transporten der Fertigung zugeführt werden. Dem stehen im laufenden Jahr eine Produktionskapazität von 1.500 bis 2.000 Battery Packs und zahlreiche Prototypen – aus denen später Serienfahrzeuge werden sollen – gegenüber. Für Letztere benötige man bei ganz eiligen Transporten per Luftfracht eine Ausnahmegenehmigung des Verkehrsministeriums, womit in der Vergangenheit schon so mancher Spediteur überfordert gewesen sei, wie Markus Kreisel berichtet.

Stückgüter schickt Kreisel Electric mit Dachser Austria auf die Reise, Paketsendungen mit der Österreichischen Post und mit UPS. GO! Tansport & Logistics betreut die eiligen Expresstransporte in Europa, Transbritannia ist der Partner für Teil- und Komplettladungsverkehre. Logistikleiter Oliver Mausz bewertet den Kundenservice der Systemanbieter als verbesserungswürdig. „Das gilt insbesondere für die Erteilung von Auskünften bei Problemen“, nennt er ein Beispiel. Lob zollt er dem Internet-Portal der Österreichischen Post. Wenig Freude bereitet ihm der Umstand, dass manche Logistikdienstleister mehr versprechen als sie dann halten. Da werde nicht immer ehrlich gespielt, lautet sein Resümee. Auch in puncto Innovationen sieht er in der Logistikbranche noch Luft nach oben.

Kreisel Electric ist – wie bereits erwähnt – aus einem Zufall heraus entstanden. Genaugenommen gab der Vater der drei Kreisel-Brüder mit dem Kauf eines Pkw mit Elektroantrieb den Impuls dafür. Das animierte Johann, Markus und Philipp Kreisel zur Umrüstung zunächst ihrer eigenen Fahrzeuge. Außenstehende wurden auf sie aufmerksam und erteilten ihnen die ersten Aufträge für die Ausstattung von Pkw mit einem Elektroantrieb. Irgendwann ließ sich das mit der beruflichen Tätigkeit im eigenen Elek-trofachhandelsgeschäft mit 30 Beschäftigten in Freistadt nicht mehr in Einklang bringen. So schlug 2014 die Geburtsstunde von Kreisel Electric, wobei der elterliche Betrieb mit Zugehörigkeit zum Red Zac-Verbund nach wie vor besteht.

JOACHIM HORVATH

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