Europas Fahrzeuglogistik muss endlich Muskeln zeigen

ECG-Generalversammlung 2025: Die Branche fokussiert sich auf Diversifizierung, Künstliche Intelligenz und strategische Allianzen.

Europas Fahrzeuglogistik muss endlich Muskeln zeigen Bild: ECG / ECG-Präsident Wolfgang Göbel.

Ein Handelskrieg, rückläufige Exporte, sinkende Werksauslastungen und die wachsenden Herausforderungen der Globalisierung zeigen deutlich: Unternehmen müssen ihre Handelsbeziehungen diversifizieren und gezielt neue Partnerschaften aufbauen.Zu diesem Ergebnis kam die Generalversammlung & Frühjahrskongress 2025 des ECG – Verband der europäischen Fahrzeuglogistik.

Die diesjährige Veranstaltung fand am 22. und 23. Mai in der Stadt Cascais in Portugal statt und brachte über 300 Delegierte aus Mitgliedsunternehmen zusammen. Im Mittelpunkt standen die spürbaren Auswirkungen geopolitischer Spannungen, die anhaltende Krise in der Automobilindustrie sowie die Herausforderungen des ambitionierten Wandels hin zu einer nachhaltigeren Zukunft.

„Wir dürfen nicht in rein europäischem Denken verhaftet bleiben. Die Herausforderungen unserer Branche sind global – und unsere Antworten müssen es ebenso sein. ECG positioniert sich als treibende Kraft für vernetzte Zusammenarbeit über Kontinente hinweg“, sagte Wolfgang Göbel, Präsident von ECG.

Ein bedeutender Schritt in diese Richtung ist das strategische Kooperationsabkommen mit CALA, der China Automotive Logistics Association, das ECG im April unterzeichnet hat. Ziel der Partnerschaft ist es, Effizienz, Qualität und Best Practices in der Logistikbranche zu fördern.

Die Branche reagiert auf die neuen Herausforderungen mit einer globalen Ausrichtung, angetrieben durch weltweit sinkende Werksauslastungen und die zunehmende Verlagerung der Produktion in regionale Märkte. Justin Cox, Direktor für globale Produktion bei GlobalData, hob hervor, dass sich Logistikdienstleister auf einen Produktionsrückgang von etwa 5 Millionen Fahrzeugen einstellen müssen.

Prof. Dr. Alexander Sandkamp, Kiel Institut für Weltwirtschaft und einer der Hauptredner, stellte fest, dass die Auswirkungen der US-Zölle auf die europäische Produktion geringer sind als vielfach angenommen. „Mehr als 60 Prozent der EU-Exporte bleiben innerhalb des Binnenmarkts, die USA machen nur etwa 8 Prozent aus“, rechnete Alexander Sandkamp vor.

„Die EU sollte daher ihren Binnenmarkt weiter stärken, insbesondere durch den Abbau interner Handelsbarrieren im Dienstleistungssektor, die Sicherstellung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur und die genaue Beobachtung neuer gesetzlicher Regelungen wie der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) im Hinblick auf mögliche handelshemmende Effekte. So kann die Abhängigkeit von den USA verringert werden“, meinte Alexander Sandkamp.

Ein zentraler Hebel zur Steigerung der Effizienz in der Fertigfahrzeuglogistik (FVL) ist die Digitalisierung, insbesondere der gezielte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Vertreter der ECG Academy demonstrierten, wie KI im FVL-Bereich eingesetzt werden kann, um Abläufe zu optimieren und Kosten nachhaltig zu reduzieren.

Ein weiteres wertvolles Werkzeug stellt der Green Cost Calculator (GCC) dar, der FVL-Unternehmen unterstützten soll, die komplexen Veränderungen einzelner Kosten über längere Investitionszeiträume hinweg effektiv zu steuern. Der gemeinsame Einsatz eines verlässlichen Kalkulationsinstruments erleichtert die Auswahl geeigneter Preismodelle und schafft Transparenz beim Übergang von steigenden Kosten zu langfristigen Einsparungen.

„Trotz anhaltender Unsicherheiten auf den Märkten hat die diesjährige Jahreshauptversammlung der ECG ein klares Zeichen der Entschlossenheit gesetzt: Die Fertigfahrzeuglogistik fokussiert sich auf digitale Transformation, CO₂-Transparenz und verstärkte globale Zusammenarbeit“, fasste Wolfgang Göbel in seinem Schlusswort zusammen.

Die 1997 gegründete ECG vertritt alle Verkehrsträger auf EU-Ebene – Straße, Schiene, Seeverkehr und Binnenschifffahrt. Die fast 200 Mitgliedsunternehmen erbringen Transport-, Vertriebs-, Lager-, Aufbereitungs- und Nachbearbeitungsdienstleistungen für Hersteller, Importeure, Autovermieter und Fahrzeugleasingunternehmen in der gesamten EU sowie in Norwegen, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich, der Türkei und darüber hinaus. Die ECG-Mitglieder besitzen oder betreiben mehr als 470 Autotransportschiffe, 14.000 speziell angefertigte Eisenbahnwaggons, 23 Binnenschiffe und mehr als 26.000 Straßentransporter.

Als bedeutender Arbeitgeber spielt die Fertigfahrzeuglogistik eine wichtige Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg der Europäischen Union. Die ECG-Mitglieder erwirtschaften einen Gesamtumsatz von rund 21,3 Mrd. EUR. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die mit dem Sektor verbundenen Unternehmen werden auf 56 Mrd. EUR geschätzt. Mehr als 210.000 Europäer sind direkt in der Fahrzeuglogistikbranche beschäftigt.

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