Neues Transportmodell für den mittleren Seidenstraßen-Korridor

Bisher gibt es noch keine durchgängigen multimodalen Transportlösungen mit regelmäßigen Abfahrten von Europa nach Zentralasien und retour. Dieses Versäumnis will die Bulung Logistics GmbH mit der „Red Apple Intermodal Line“ aus der Welt schaffen. Schon im Jahr 2020 soll das nachhaltige Logistikkonzept starten.

Neues Transportmodell für den mittleren Seidenstraßen-Korridor Bild: Die intermodalen Transportkonzepte von Bulung Logistics stehen vor einer Ausweitung bis nach Zentralasien und China.

SCHWECHAT. Als Ergänzung zu den Transportlösungen von Europa in die Türkei und retour, die seit der Firmengründung das Kerngeschäft darstellen, organisiert Bulung Logistics auch Logistikketten zu Zielen in den Regionen Kaukasus und Zentralasien. Das geriet bisher zu einer sehr einseitigen Sache. Es wurde und wird praktisch alles per Lkw befördert. Noch dazu sind die Mengen überschaubar, doch das will Geschäftsführer Yusuf Erkara gemeinsam mit Partnern spätestens im Jahr 2020 ändern. Die Vorbereitungen dafür laufen seit Monaten. Das Investitionsvolumen ist beträchtlich, weshalb potentielle Interessenten für die „Red Apple Intermodal Line“ herzlich willkommen sind. Das können durchaus auch andere Speditionen oder Logistikdienstleister sein.

Transporten nach Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan, Turkmenistan, Iran, Afghanistan oder in die Turk-Staaten haftet immer noch ein Hauch von Exotik an. Doch die zu befördernden Mengen steigen. Umweltbewusste Großverlader beklagen in diesem Zusammenhang das Fehlen von Alternativen zu den Lkw-Transporten. Dies abgesehen von den ihres Erachtens nach stolzen Preisen, die noch dazu mit zwei Handicaps behaftet sind. Einerseits steigen die Frachtraten in den Wintermonaten beträchtlich. Das sei den schlechten und für die Fahrer herausfordernden Witterungsverhältnissen geschuldet, erklären Fachleute. Andererseits gibt es kaum bewachte Lkw-Parkplätze, was arge sicherheitsspezifische Probleme mit sich bringt. Außerdem spottet auf vielen Verbindungen die Straßeninfrastruktur jeder Kritik, wodurch der Einsatz von modernen Lkw-Zügen zu einer riskanten Sache gerät.

Doch egal wie man es dreht und wendet, die Transportvolumina steigen. Daher hält Yusuf Erkara die Schaffung einer leistungsfähigen multimodalen Gesamtlösung für Transporte von Haus zu Haus zwischen Europa und Zentralasien für angebracht. „So etwas gibt es noch nicht, und das wollen wir gemeinsam mit unseren strategischen Partnern ändern“, sagt der Unternehmer. Bei einem dieser „Gleichgesinnten“ handelt es sich um eine namhafte Spedition mit Sitz in Aserbaidschan. Auch mit einer renommierten internationalen Güterbahn wurden bereits konkrete Gespräche geführt. Ihre Vorstandsgremien zeigten sich von dem Konzept der „Red Apple Intermodal Line“ angetan. Das auch, weil die Bahninfrastruktur in den involvierten Ländern einigermaßen anständig ist.

Noch etwas erscheint Yusuf Erkara wichtig. „Es wird immer nur von den Ladungsströmen von Europa in Richtung Kaukasus, Zentralasien und weiter bis nach China gesprochen. Doch es gibt auch eine „Gegenbewegung“. Damit spricht der Spediteur die von Rohstoffen, Urea, Düngemitteln und Baumwolle geprägten Exporte der Turk-Staaten an. Ihr Liefergebiet erstreckte sich bisher selten über Russland und die Anrainerstaaten am Kaukasus hinaus. Dem soll die „Red Appel Intermodal Line“ Abhilfe schaffen, was im Interesse aller Beteiligten liegt. Denn wer immer regelmäßige Transporte auf der Schiene und mit gecharterten Frachtschiffen organisiert, der ist zur Gewährleistung eines attraktiven Preisschemas auf paarige Ladungsströme angewiesen.

Es liegt in der Ironie des Schicksals, dass sich die Funktionsweise der „Red Apple Intermodal Line“ verhältnismäßig einfach erklären lässt. Doch vielleicht erweist sich das schon bald als Stärke des Produkts. Denn was umständlicher Erläuterungen bedarf, ist für die potenziellen Kunden oft schwer verständlich, und dann lassen sie es lieber gleich sein. So aber gibt es einen Hub in Budapest, an dem die aus ganz Europa per Bahntransport vorgeholten Ladungen in Ganzzügen entweder nach Constanza oder nach Istanbul konsolidiert werden. Dann geht es bei der rumänischen Variante per Schiff weiter nach Poti, mit anschließendem Bahnservice nach Baku in Aserbaidschan. Von dort aus erfolgt die Schiffspassage über das Kaspische Meer, entweder nach Aktau in Kasachstan oder nach Turkmenbashi in Turkmenistan. Die letzte Etappe ihrer Reise legen die Frachten dann wieder auf der Schiene oder per Lkw zurück.

Bei der Türkei-Variante gliedert sich das Angebot entweder in einen reinen Landverkehr per Bahn bis nach Baku oder in die Einschaltung von Liniendiensten zur See bis nach Mersin, gefolgt vom Umstieg auf die Schiene. Das Angebot werde grundsätzlich in beiden Fahrtrichtungen bestehen und als neutrales Produkt konzipiert sein, wodurch es jedem interessierten Spediteur offenstehe, erläutert Yusuf Erkara im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Bei den Transportgefäßen liegt das Hauptaugenmerk in der Startphase auf Containern in den Dimensionen 20ft und 40ft, weil die 45ft Einheiten in den Ländern im Kaukasus und in Zentralasien noch nicht so verbreitet sind.

„Wenn das entsprechende Aufkommen vorhanden ist, liegt die multimodale Transportkette von Europa nach Zentralasien von Anfang auf dem Preisniveau der Lkw-Verkehre“, ist Yusuf Erkara überzeugt. Hat sich die Systematik erst einmal eingespielt, sollte das neue System Garant für ganzjährig stabile Frachtraten und klar definierte Laufzeiten sein. Außerdem könnten dann an allen Schnittpunkten in der Logistikkette – etwa in Constanza, Istanbul, Mersin, Poti, Baku, Aktau oder Turkmenbashi – lokale Ladungen eingespeist oder herausgenommen werden. Für sehr rasch umsetzbar hält Yusuf Erkara zudem die Verlängerung der „Red Apple Intermodal Line“ bis nach China. Doch zunächst einmal will er die Potenziale auf den Verbindungen von Europa in die Kaukasus-Staaten und nach Zentralasien v.v. heben, und dann wird man China in das System einbinden.

JOACHIM HORVATH

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