Anlässlich des heurigen sechzigsten Firmen-Jubiläumsjahr des Hafen Wien wurde ein umfassendes Forschungsprojekt vom Institut für Zeitgeschichte abgeschlossen. Der Bericht des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien umfasst die Zwangsarbeit auf dem Gelände des heutigen Hafen Wien in Albern und der Lobau während der NS-Zeit.
Im zweiten Weltkrieg wurden das Hafenbecken in Albern, Teile des Donau-Oder-Kanals, ein Becken in der Lobau sowie fünf Getreidespeicher in Albern von Zwangsarbeitskräften unter teilweise extremen Arbeitsbedingungen errichtet. Auf die gleiche Weise entstanden umliegende Straßen und Bahngleise, Kanalisation und Wasserleitungen.
Sofort nach dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland im März 1938 begann man in Wien mit den Planungen für einen neuen Hafen. Nach den Plänen der Nationalsozialisten sollte in Wien das „Hamburg des Ostens“ entstehen; man erhoffte sich eine stärkere Industrialisierung. Ausschlaggebend für den Standort Albern einigte, war die Notwendigkeit, die Bevölkerung im Kriegsfall mit Lebensmitteln versorgen zu können. Das Getreide wurde zum Großteil aus dem Südosten über die Donau importiert. In Albern baute man in den nächsten Jahren daher fünf große Getreidespeicher.
In der Lobau sollte der Oder-Donau-Kanal einmünden. Nachdem im Herbst 1939 die Planungen für den Wiener Abschnitt abgeschlossen waren, begannen die Bauarbeiten an der Mündung des Kanals in die Donau, einem daran angeschlossenen Hafenbecken und einer Wasserstraße, die der Trasse des Kanals nach Nordosten ins Marchfeld folgte.
Am ersten Hafenbecken des Oder-Donau-Kanals baute man zwischen 1940 und 1943 einen „Ölhafen“. Das Deutsche Reich war für seinen Angriffskrieg auf die Erdölvorräte des Marchfelds angewiesen. Um diese auszubeuten, forcierte man nicht nur die Förderung, sondern siedelte in der Lobau auch eine große Raffinerie an: die Ostmärkischen Mineralölwerke. Sie sollten, das über eine Pipeline aus der Lobau kommende, Öl zu Treibstoff verarbeiten und entwickelten sich zu einer der wichtigsten Raffinerien NS-Deutschlands.
Daneben baute die Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft (Wifo) ein Öllager, das rund 200.000 Tonnen Treibstoff speichern können sollte. Dieses Lager war als Sammelpunkt der Raffinerieproduktion von Wien und Umgebung gedacht. Um den Treibstoff in andere Teile Deutschlands transportieren zu können, errichtete die Wifo eine über 300 Kilometer lange Pipeline nach Raudnitz an der Elbe im nördlichen Böhmen, von wo der Treibstoff dann weiter verteilt werden konnte. Die Lobau wurde daher zum Umschlagplatz einer der wertvollsten Ressourcen des Deutschen Reichs im Zweiten Weltkrieg.
Die kriegsbedingte Mangelwirtschaft verzögerte hingegen die Arbeiten am Kanal, die Luftangriffe der Alliierten brachten die Arbeiten zum Erliegen. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs waren lediglich die Einmündung, das Hafenbecken und drei Teilstücke fertiggestellt.
Die Errichtung eines Hafens in Wien war lange Zeit als gar nicht notwendig erachtet worden. Die Schiffe, die in Wien ankamen wurden an dafür geeigneten Stellen entlang der Donau und ihrer Nebenflüsse einfach an Land gezogen. Mit dem Aufkommen der Dampfschiffe war das Anlanden auf den weichen Böden nicht mehr möglich.
So entstand im Jahr 1875 der erste Stromhafen am rechten Donauufer zwischen der Nordwestbahnbrücke und der Freudenau. An dem zwölf Kilometer langen Ländenareal legten die Dampfschiffe an. Im Winter waren die Schiffe dort jedoch nicht vor dem Eis der Donau geschützt.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde daher der Hafen Wien als Wirtschafts-Gelände entwickelt, das sich um Hafenbecken konzentriert. 1899 stand der Baubeginn für den Hafen Freudenau auf dem Plan. 1939 jener für die Häfen in Albern und in der Lobau.
Die eigentliche Betriebs-Geschichte des Hafen Wien, so wie er sich heute präsentiert, hat vor 60 Jahren begonnen: Im Jahr 1962 wurde die Wiener Hafenbetriebsgesellschaft gegründet. Die drei Häfen Albern, Freudenau und Lobau wurden immer wieder ausgebaut. Aktuelle Beispiele sind das jüngst in Betrieb genommene Hochwasserschutztor in Albern sowie die geplante Flächengewinnung in der Freudenau (Hafenbeckenaufschüttung). Im Jahr 2021 hat die Hafen Wien-Gruppe ein Betriebsergebnis von 6,6 Mio. Euro und einem Umsatz von 51,4 Mio. Euro erwirtschaftet und etwa 13 Mio. Euro investiert.