GRAZ. Auf der Homepage der Blue Tomato GmbH gibt es ein ganz spezielles Foto. Es zeigt den ersten Shop des 1988 vom ehemaligen Snowboard-Europameister Gerfried Schuller (52) gegründeten Unternehmens. Es schneit und das Motiv strahlt eine ungeheure Ruhe aus. Doch der Eindruck täuscht, denn die seit 2012 zum US Action Sport-Retailer Zumiez gehörende Marke steht immer unter Spannung. Was hier zählt, sind Geschwindigkeit und Qualität. Was ein Kunde im Onlineshop (www.bluetomato.com) bestellt, soll er schnell bekommen – sprich am nächsten Tag. Und das bei einem Sortiment mit mehr als 450.000 Artikeln von über 500 Marken. Wer den Einkauf im stationären Handel bevorzugt, kann das in den 50 firmeneigenen Shops in Österreich, Deutschland, Schweiz, Niederlande und Finnland tun.
Blue Tomato stellt sich den Kunden und Geschäftspartnern als weltweit größter Online-Händler im Bereich Snowboard, Freeski, Skateboard, Surf und Streetstyle vor. Als Omnichannel Retailer strebt das in Schladming in der Steiermark ansässige Unternehmen mit aktuell über 600 Mitarbeitenden und 98 Mio. Euro Umsatz im Jahr 2019 die Marktführung in Europa an. „Wir sind auf einem guten Weg“, erläutert Logistikleiter Florian Tschetsch im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung den Stand der Dinge. Man sei überall wo es Berge gibt stark verankert, insbesondere in Österreich, Deutschland, Schweiz und Nordeuropa. Dazu kommen Italien, Belgien, die Niederlande, ein bisschen Osteuropa und einige Märkte in Übersee, darunter USA, Kanada, Japan und China.
Für den Erfolg im Omnichannel Retailing gibt es mehrere entscheidende Faktoren, darunter das Funktionieren der Prozesse in den Bereichen Fulfillment und Versandlogistik. Beides wurde bei Blue Tomato lange Zeit von der Firmenzentrale in Schladming aus gesteuert. Hier standen allerdings nur begrenzte Lagerflächen zur Verfügung, und die waren vor zehn Jahren restlos ausgeschöpft. Bei der Suche nach Alternativen legte das Management den Fokus auf die Steiermark. Man wollte einen verkehrstechnisch besser erreichbaren Standort wie das Ennstal finden und landete schließlich in einem Objekt am Köglerweg in Graz Messendorf. Von hier aus erreicht man schnell die Niederlassungen von zahlreichen Logistikdienstleistern und besteht eine räumliche Nähe zum Flughafen für den Import/Export von Luftfrachten sowie zum Cargo Center Graz als Drehscheibe für den maritimen Verkehr.
Außerdem war im Jahr 2010 gerade die Wirtschaftskrise im Abklingen. Sie hatte die Auslastung der Lagerhallen auf dem Areal am Köglerweg ausgedünnt. Dementsprechend froh war der Vermieter über den Vertragsabschluss mit einem stark expandierenden Unternehmen. Aktuell bewirtschaftet Blue Tomato hier mit 75 Mitarbeitenden rund 8.500 m² Lagerfläche, aufgeteilt in eine 5.500 m² große Kommissionierzone und eine B2B-Plattform mit 2.500 m² Fläche. Weitere 1.000 m² stehen für den Wareneingang, der Rest für die administrativen Funktionen bereit. „Wenn wir hier einen flexiblen Service benötigen, sind die Speditionen, Paket- und Expressdienste rasch zur Stelle“, schwärmt Florian Tschetsch. Dem folgt der Hinweis, „dass wir mit praktisch allen Logistikpartnern in einem guten Einvernehmen stehen“.
Das liegt bei dem derzeitigen Versandvolumen auf der Hand. Allein das B2C-Aufkommen für die Endkundenbelieferung beträgt zwischen 2.000 und 3.000 Paketsendungen am Tag. In der Hochsaison können es deutlich mehr sein. Im Segment B2B, das die Belieferung der 50 Shops umfasst, gehen zwischen 300 und 500 große Pakete mit bis zu 30 Kilogramm Stückgewicht am Tag in den Versand. Dabei handelt es sich um unhomogenisierte Ware, wie es Florian Tschetsch ausdrückt. Um ihre Abwicklung kümmert sich zu über 80 Prozent der Paketdienst GLS Austria. Großlieferungen beziehungsweise Sortimente für die Saisonumstellung verlassen das Global Distribution Center in Graz mit der Spedition Dachser Austria.
„Unsere Artikel sollen nach der Bestellung möglichst schnell bei den Kunden eintreffen“, lautet die Vorgabe der Blue Tomato Geschäftsführung. Umgesetzt wird das in Form von Kooperationen vorrangig mit Dienstleistern aus dem Kreis der Kurier- und Expressdienste. Fallweise kommen auch Luftfrachtspeditionen zum Zug. Es gibt für jedes Land zwei Partner für die Paketlogistik. Meistens handelt es sich dabei um den Marktführer und um einen zweiten starken Anbieter. Lieferungen mit besonderer Dringlichkeit übernimmt DHL Express – und UPS betreut vorrangig die internationalen Nachnahmesendungen. Etwa 25 Prozent der B2C-Bestellungen werden von den Shops verschickt. Es gilt das Prinzip der kurzen und schnellen Wege.
„Natürlich sind die Versandkosten bei uns ein Thema. Es zählt aber auch die Qualität der KEP-Dienste“, betont Florian Tschetsch. Er und sein Team stützen sich im Tagesgeschäft auf acht Paketlogistik-Spezialisten, darunter die Österreichische Post, die DPD Group und Post Nord. Unter ihnen gibt es dem Vernehmen nach kein schwarzes Schaf. Hinsichtlich Laufzeiten, Einhaltung der Serviceversprechen sowie Nachverfolgbarkeit der Sendungen bestünden ziemlich einheitliche Standards. Ein Anbieter sei sogar wesentlich besser als sein allgemeiner Ruf, verlautet seitens des Unternehmens. Das setze man bei einem Aufkommen von mehr als 500.000 Paketsendungen im Jahr aber auch voraus.
JOACHIM HORVATH