Das Europäische Parlament hat am 17. Februar grünes Licht für die im Juni 2021 vereinbarte Reform der Straßenbenutzungsgebühren für schwere Nutzfahrzeuge gegeben. Es handelt sich um die Aktualisierung der Vorschriften für die Gebühren, die EU-Mitgliedsstaaten für die Benutzung von Straßen des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) von Lkw, Bussen, Lieferwagen und Pkw erheben können.
Mit den Änderungen an der sogenannten Eurovignetten-Richtlinie werden die derzeitigen zeitabhängigen Gebühren für Lkw durch entfernungsabhängige Gebühren ersetzt. Durch die Anrechnung der tatsächlich gefahrenen Kilometer soll das System das Verursacherprinzip besser widerspiegeln, wonach diejenigen, die die Umwelt schädigen, für die Kosten aufkommen sollten. Die Harmonisierung des Systems soll zur Finanzierung der Straßeninfrastruktur und zur Reduktion der Verkehrsüberlastung beitragen.
Innerhalb von acht Jahren nach Inkrafttreten der Vorschriften (im Jahr 2030) sollen die zeitabhängigen Benutzungsgebühren (Vignetten) für schwere Nutzfahrzeuge schrittweise abgeschafft werden. Sie sollen durch entfernungsabhängige Mautgebühren für das transeuropäische Netz (TEN-V) ersetzt werden.
Einige Ausnahmen und die Möglichkeit eines kombinierten Systems können zugelassen werden. Auf anderen Teilen ihres Netzes können die Mitgliedstaaten weiterhin Vignetten verwenden.
Weitere Änderungen sind:
- Die Straßenbenutzungsgebühren für Lkw und leichte Nutzfahrzeuge werden in Abhängigkeit von den CO₂-Emissionen und/oder der Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs gestaffelt, um die Nutzung umweltfreundlicherer Fahrzeuge zu fördern.
- Die Gebührenvorschriften werden nicht nur auf schwere Nutzfahrzeuge über 12 Tonnen, sondern auf alle Lkw, Busse, Pkw und Kleintransporter ausgedehnt. Wenn sich die EU-Mitgliedstaaten für die Erhebung von Gebühren für diese Fahrzeuge entscheiden, können sie Maut- oder Vignettensysteme verwenden.
- Es werden Preisobergrenzen für Kurzzeitvignetten für Pkw eingeführt; für Transitreisende müssen Tagesvignetten erhältlich sein.
- Es besteht die Möglichkeit, eine Staugebühr für alle Fahrzeuge einzuführen, deren Erlöse zur Lösung des Stauproblems verwendet werden sollen.
Manche Mitgliedstaaten werden die zahlreichen Optionen innerstaatlich umsetzen, andere Mitgliedstaaten nicht. „Das trägt nicht gerade zu einer Harmonisierung innerhalb der EU bei, führt weiterhin zu Wettbewerbsverzerrungen und auch die Ziele des Green Deals werden auf diese Weise keineswegs leichter erreicht“, kritisiert Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
„Ein ganz zentrales Anliegen ist für uns jetzt, dass es weder in Österreich noch auf EU-Ebene zu Doppelbesteuerungen von CO2 kommt. Überschneidungen zwischen der Wegekosten-Richtlinie mit anderen Instrumenten zur Bepreisung von CO2-Emissionen aus dem Fit-for-55-Paket, wie etwa dem geplanten Emissionshandel oder höhere Energiesteuern sind unbedingt zu verhindern.“, betont der Verkehrsspartenobmann. Bereits jetzt habe Österreich die höchsten Mautgebühren in der EU, die Möglichkeiten der bisherigen Wegekosten-Richtlinie seien hierzulande voll ausgeschöpft worden.