Erste „Ökoliner“-Linienverkehre mit österreichischer Beteiligung

Gemeinsam mit Airbus und dem Transportdienstleister Franz Angleitner GmbH hat die FACC AG ein Projekt zur umweltfreundlicheren Abwicklung des Straßengüterverkehrs realisiert. Der „Ökoliner“ bringt mehr Effizienz in die Logistikkette vom Innviertel nach Hamburg v. v., muss in Österreich aber noch geteilt fahren.

Erste „Ökoliner“-Linienverkehre  mit österreichischer Beteiligung Bild: Der „Ökoliner“ der Franz Angleitner GmbH kombiniert eine MAN Sattelzugmaschine mit den gezogenen Einheiten der Firma Krone.

SANKT MARTIN IM INNKREIS. Mit ihren fortschrittlichen Produktgruppen für die Aerospace-Industrie beliefert die FACC AG Kunden auf der ganzen Welt. Dabei erfolgt der Versand der hochwertigen Leichtbaukomponenten entweder in Aluboxen oder in Einwegkartons auf Paletten. Bei den Frachten handelt es sich um sogenannte „ship sets“, die unbeschädigt und pünktlich den Lieferort erreichen müssen. Ansonsten verzögert sich die Montage eines neuen Flugzeuges oder Triebwerks, und das gilt es in der kapitalintensiven Luftfahrtindustrie unter allen Umständen zu vermeiden.

Grundsätzlich beanspruchen die Leichtbauteile der Luftfahrtzulieferindustrie auf den Europa-Routen nur einen Bruchteil der Nutzlast der Lkw-Züge. Dagegen schien lange Zeit kein Kraut gewachsen zu sein. Jetzt aber wurde eine Lösung gefunden, von der Gernot Valentin, Director Export & Customs der FACC AG, in den höchsten Tönen schwärmt. Mit dem sogenannten „Ökoliner“ versorgt das Unternehmen das Airbus-Werk in Hamburg Finkenwerder seit Oktober 2018 auf besondere wirtschaftliche und umweltfreundliche Art und Weise mit Gepäckablagen für die Flugzeugmodelle A320 und A321. Das Fahrzeug bietet mit dem 20,79 Meter langen Laderaum mit 155 m³ Volumen etwa 50 Prozent mehr Frachtkapazität als ein klassischer Sattelzug. Betrieben wird es von der Franz Angleitner GmbH, einem Transport- und Lagerlogistikunternehmen aus St. Martin im Innkreis in Oberösterreich.

„Aus den wöchentlich zwei Rundläufen entlang der Achse Innviertel – Hamburg resultiert die Vermeidung von 145 Tonnen CO2-Emissionen im Jahr. Die Treibstoffersparnis gegenüber den klassischen Lkw-Planenzügen beträgt 20 Prozent“, rechnet Gernot Valentin vor. Die Transportkosten sinken laut seinen Angaben um 10 Prozent, der höhere Anschaffungsaufwand amortisiert sich rasch. Dies umso mehr, weil die derzeit im Einsatz befindlichen zwei „Ökoliner“ mit 98 Prozent Auslastung fahren und mit je zwei Rundläufen pro Woche auf der Verbindung von St. Martin im Innkreis nach Hamburg im Vergleich zu den herkömmlichen Sattelzügen rund 190 Lkw-Fahrten im Jahr vermeiden. In der Gegenrichtung werden die Mehrweg-Aluminiumcontainer als Leergut befördert.

Theoretisch könnte FACC die Gepäckablagen für die Flugzeugtypen A320 und A321 auch per Bahntransport nach Hamburg verschicken. Sowohl das eigene Werk in St. Martin im Innkreis als auch der Airbus-Standort in Hamburg Finkenwerden verfügen über einen Gleisanschluss. Man habe das unlängst geprüft, aber wegen der zu langen Laufzeiten und zu hohen Kosten wieder fallen gelassen, sagt Gernot Valentin. Und, so präzisiert er: „Unser Kunden erwartet hochgradig genaue JIT- und JIS-Lieferungen. Das ist mit Lkw-Transporten einfacher darstellbar.“ Sehr wohl aber habe man schon einzelne Bahntransporte nach China durchgeführt und dabei Zeitvorteile gegenüber dem Containerversand per Seefracht und Kostensenkungen im Vergleich zu den Luftfrachttransporten erzielt.

Für Markus Angleitner, Geschäftsführer der Franz Angleitner GmbH, ist der „Ökoliner“ prädestiniert für den Transport von leichtgewichtigen Frachten mit hohen Warenwerten. Wenn diese Einsätze dann auch noch in Linienverkehre zwischen zwei fix definierten Punkten eingebettet sind und das Fahrzeug nur selten zurücksetzen muss, umso besser. Was zum wunschlosen Glück des Unternehmers noch fehlt, ist die politische Unterstützung zur Freigabe der „Ökoliner“-Fahrten in Österreich. Bis dahin kommt eine gesetzeskonforme Übergangslösung zur Anwendung, die vom Blickwinkel der Wirtschaftlichkeit aus betrachtet zwar nicht der Weisheit letzter Schluss ist, mit der sich die Beteiligten vorerst aber abfinden.

Dazu muss man die Zusammensetzung des Fahrzeuges kennen. Der „Ökoliner“ besteht aus einem normalen Megatrailer-Sattelauflieger mit 13,62 Meter Länge und einem Tandemanhänger (7,82 Meter). Das macht auf der ersten knapp 20 Kilometer langen Teilstrecke von den FACC-Ladestellen in St. Martin im Innkreis bis zur Staatsgrenze zwei Transporte erforderlich. Erst in Deutschland werden die beiden Transporteinheiten „verheiratet“. In der Gegenrichtung endet die rund 835 Kilometer lange Reise des „Ökoliners“ knapp vor der österreichischen Grenze. „Das kann man nur machen, wenn man ein sehr flexibles Familienunternehmen in räumlicher Nähe zu Deutschland ist“, sagt Markus Angleitner im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Auf den Verbindungen von und nach Linz, Graz oder Wien hält er das unter den derzeitigen Gegebenheiten für schwer vorstellbar.

Trotzdem wünscht sich Gernot Valentin mit dem Hinweis auf den Fahrermangel in ganz Europa von den zuständigen Behörden in Österreich die Bewilligung für den durchgängigen Einsatz des „Ökoliner“ auch für teilbare Güter, sofern diese leicht und voluminös sind. Es geht ihm nicht um die Erhöhung der Achslasten, sondern nur um die Generierung von zusätzlichen Effizienzen bei gleichzeitiger Entlastung der Bevölkerung von Lärm und Abgasen durch den Straßengüterverkehr. In Deutschland seien die Fahrzeuge nur auf bestimmten Autobahnen und Rastplätzen zugelassen, berichtet er. Dagegen habe man auch in den grenznahen Gebieten in Oberösterreich nichts einzuwenden. Noch dazu sei das jetzt schon bei den Transporten der zugegebenermaßen nicht teilbaren Flügel für Windkraftanlagen gängige Praxis.

Für die Franz Angleitner GmbH war der „Ökoliner“-Kauf mit höheren Anschaffungskosten verbunden. „Man sei damit schon ein gewisses Risiko eingegangen und schätze sich glücklich mit FACC einen ersten Kunden gefunden zu haben“, verlautbart die Firmenzentrale in St. Martin im Innkreis. Für den Zulieferer der Aerospace-Industrie bewirkt die neue Fahrzeugtechnologie Einsparungen beim Frachteneinkauf. Ein „Ökoliner“ entspricht eineinhalb Sattelzügen. Damit erspart man sich bei zwei Rundläufen eine Fahrt. Beim Transporteur bleiben die Fahrer- und Mautkosten im Vergleich zu den klassischen Sattelzügen in etwa gleich.

Für Markus Angleitner fährt sich der „Ökoliner“ – ausgenommen das Zurücksetzen – wie ein normaler Sattelzug. Allerdings müssen die Fahrzeuge obligatorisch mit einer Rückfahrkamera ausgestattet sein. Am Steuer darf nur ein Lkw-Fahrer sitzen, der in den letzten fünf Jahren unfallfrei unterwegs war. Beim Kunden FACC werden durchschnittlich fünf Tonnen schwere Komponenten und Systeme geladen. In Ausnahmefällen bringen die Frachten acht Tonnen auf die Waage. Damit fährt der „Ökoliner“ mit maximal 30 Tonnen Gesamtgewicht durch Deutschland. Wie gesagt, in Österreich ist der Einsatz der neuen Fahrzeugtechnologie nicht zulässig. Bei den Firmen FACC und Franz Angleitner würde man ein Umdenken im Verkehrsministerium ausdrücklich begrüßen, damit das Fahrzeug in Zukunft auch die Teilstrecke in Oberösterreich umweltfreundlich und wirtschaftlich zurücklegen kann.

Die Firma Franz Angleitner engagiert sich seit der Gründung im Jahr 1972 im gewerblichen Güterverkehr und tritt heute als Logistikdienstleister für die Industrie auf. „In dieser Rolle unterstützen wir die Kunden in den Bereichen Transporte und Warehousing, sowie bei den damit verbundenen organisatorischen Aufgabenstellungen“, sagt Markus Angleitner. Die erste Lagerhalle wurde vor circa 25 Jahren errichtet. Mittlerweile betreibt und vermietet das 20-köpfige Familienunternehmen Gewerbeimmobilien mit rund 50.000 m² Gesamtfläche, darunter ein Tiefkühllager und eine Schwerguthalle mit einem 16 Tonnen Hallenkran. Die Fahrzeugflotte besteht aus 12 Lkw-Zügen, die hauptsächlich Transporte von / nach Frankreich, Deutschland, Schweiz, Belgien und Niederlande durchführen. Zwar wachsen die logistischen Ansprüche der Kunden aus den Branchen Aerospace, Automotive, Anlagenbau und Stahl, jedoch schätzt diese Klientel die durch den Fuhrpark gewährleistete Versorgungssicherheit.

JOACHIM HORVATH

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