Getrieben von Brexit, Ladezeitfenstern und strengen Behördenkontrollen

Straßengüterverkehre mit 24 /36 Stunden Laufzeit von Österreich nach England und Irland gelten seit vielen Jahren als Spezialität der A. Ebner Internationale Transporte GmbH. Damit das so bleibt, müsste dem Unternehmen ein „No Deal Brexit“ erspart bleiben, worauf Geschäftsführer Johann Reissinger vehement hofft.

Getrieben von Brexit, Ladezeitfenstern und strengen Behördenkontrollen Bild: Die gesamte A. Ebner Gruppe erwirtschaftet mit 200 Mitarbeitenden rund 40 Mio. Euro Jahresumsatz.

THALGAU. Johann Reissinger ist das, was man im allgemeinen Sprachgebrauch unter einem „alten Hasen“ im europäischen Transportlogistik-Geschäft versteht. Bereits seit 25 Jahren arbeitet er in der Branche. Sein bislang letzter Karrieresprung brachte ihn an die Spitze der A. Ebner Internationale Transporte GmbH in Thalgau im Salzburger Flachgau. Das Unternehmen in privater Hand besitzt den Ruf als England- und Irland-Spezialist. Es kommt also nicht von ungefähr, dass der Geschäftsführer im Hinterkopf einige Brexit-Gedankenspiele anstellt, um Ende März 2019 für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Sollte das Vereinigte Königreich nämlich mit Pauken und Trompeten aus der Europäischen Union ausscheiden, dann wären davon auch die straffen Logistikketten seiner Stammkunden betroffen. Es drohen gewaltige Stauszenarien sowohl in Calais als auch in Dover und als Folge davon enorme zeitliche Verzögerungen.

Noch immer hegt Johann Reissinger die Hoffnung auf einen in allerletzter Sekunde abgewendeten Brexit. Nach seiner Einschätzung der Sachlage kann sich das Vereinigte Königreich die Loslösung von der Europäischen Union wirtschaftlich nicht leisten. „Sollte es trotzdem dazu kommen, finden sich mittel- bis langfristig Wege zur Lösung der ärgsten Hindernisse für die Straßentransporte“, ist er guter Dinge. Mehr Kopfzerbrechen bereitet ihm die dann befürchtete Abwertung des Britischen Pfund. Denn wenn die Kaufkraft der englischen Konsumenten und Industriebetriebe sinkt, hat das zwangsläufig negative Auswirkungen auf die Wareneinfuhren aus ganz Europa. Für die Firma Ebner wäre das gleichbedeutend mit einem Rückgang der Transportaufträge nach England und Irland.

Auch so schon haben die Mitarbeitenden und Disponenten alle Hände voll zu tun, um die Verkehre in das Vereinigte Königreich in vollem Umfang und in der gewohnten Servicequalität am Laufen zu halten. Auslöser dieser Entwicklung sind die von Jahr zur Jahr strenger gefassten Vorgehensweise bei den Ausschreibungen. „Das geht mittlerweile soweit, dass namhafte externe Beratungsunternehmen alle damit verbundenen Prozesse bis zur Festlegung der Frachtraten übernehmen“, berichtet Johann Reissinger. Seine Freude darüber hält sich in Grenzen. Doch als ob das alleine nicht schon schlimm genug wäre, müssen die Transporteure heute auch genau auf die Einhaltung der vorgegebenen Ladezeitfenster sowohl an den Versandstellen als auch an den Standorten der Warenempfänger achten. In besonders krassen Fällen droht schon bei den geringsten Abweichungen die Verhängung von Pönalen.

„Um das zu vermeiden, benötigt ein Unternehmen in unserer Größenordnung bereits einen eigenen Mitarbeiter einzig und allein für die Koordination der verschiedenen Ladezeitfenster“, schüttelt Johann Reissinger den Kopf. A. Ebner Internationale Transporte betreibt einen Fuhrpark bestehend aus 100 motorisierten und 180 gezogenen Einheiten in Ausführungen als Planen-. Koffer-, Megatrailer- und Frigofahrzeugen. Das Einsatzgebiet erstreckt sich über ganz Europa, wobei die Hauptachsen auf den Verbindungen von Italien, Österreich und Süddeutschland nach England und Irland v. v. liegen. Hier werden wöchentlich zwischen 50 und 100 Full Truck Loads und 10-15 Sammelguttransporte abgewickelt.

Was die vorher erwähnten Ladezeitfenster betrifft, so neigen manche Großverlader beziehungsweise deren Berater zur Übertreibung. Es soll Fälle geben, wo die Frachtführer eine beträchtliche Zeit im Voraus ein „Ticket“ buchen müssen. Daran geknüpft ist die Bekanntgabe des Fahrzeugkennzeichens mitsamt dem Namen des Lenkers. „Da können bei Abweichungen hervorgerufen durch einen Schadensfall oder durch die Erkrankung des Fahrers Probleme auftreten, die sich mitunter nur schwer lösen lassen“, gibt Johann Reissinger zu bedenken. Ob und inwieweit seine diesbezügliche Argumentation Früchte trägt, hängt von der Einsicht und vom Entgegenkommen der Kunden ab.

Parallel dazu registriert der Spediteur immer höhere finanzielle Belastungen für den Straßengüterverkehr, verursacht durch steigende Mauten und laufend neue Steuerbelastungen. Damit einher gehen verschärfte gesetzliche Auflagen für die Ausübung des Gewerbes, deren Einhaltung die Mitarbeitenden in den Arbeitsinspektoraten und in den Polizeidienststellen sehr genau kontrollieren. Er könne damit leben, dass Lkw-Fahrer nach neun Stunden Fahrzeit eine Ruhepause einlegen müssen, sagt Johann Reissinger. Jedoch ersucht er um Verständnis für die Situation der Fahrer, „wenn diese nicht sofort einen Abstellplatz für ihren Lkw-Zug finden und so die gesetzliche Arbeitszeit vielleicht einmal um fünf bis zehn Minuten überziehen, anstatt das sofort mit hohen Bußgeldstrafen zu ahnden“.

Trotz der Herausforderungen hervorgerufen durch den bevorstehenden Brexit und die strengen Behördenkontrollen könnte die Firma Ebner auf der Stelle 20 neue Lkw anschaffen und im internationalen Verkehr beschäftigten. Dafür braucht Geschäftsführer Johann Reissinger aber auch die entsprechenden Fahrer, mehr Werkstätten-Fachkräfte und zusätzliche Abstellplätze für die Fahrzeuge. Das zu bewerkstelligen, gestaltet sich einigermaßen schwierig. Es würden zunächst also nur 20 neue Probleme entstehen. Davon abgekoppelt, wächst das Unternehmen im Inlandsverkehr stetig. Was in 2012 mit vier Lkw begonnen hat, präsentiert sich heute als Flotte mit 30 Fahrzeugen, die unter anderem Einsätze für die Kunden Rigips Austria und Dunapack Mosburger Packaging versehen.

Auch in der Lagerlogistik befindet sich das Unternehmen auf einem guten Weg. Aktuell werden in Thalgau 25.000 Palettenstellplätze, verteilt auf mehrere Hallen mit 30.000 m² Gesamtfläche bewirtschaftet. Zum Nutzerkreis der Anlagen gehören namhafte Kunden wie zum Beispiel KTM Sportmotorcycle für die Ersatzteillogistik, AHT in Rottenmann oder Sony DADC. Dem zuletzt genannten „Klienten“ steht A. Ebner auch mit Hochsicherheitstransporten zur Seite, während die AHT-Kühlgeräte auf Abruf punktgenau und termingetreu von Österreich zu den Standorten namhafter Supermarktketten in England und Irland verbracht werden. Zuletzt hat Johann Reissinger den Kauf einer 20.000 m² großen Gewerbefläche in Stainach in der Obersteiermark fixiert, die er zunächst als Lkw-Abstellplatz nutzen will. Jedoch kann er sich auch den Bau eines Lagers vorstellen, vorausgesetzt es findet sich ein erster Kunde mit einer Grundauslastung für 5.000 bis 10.000 Palettenplätze.

JOACHIM HORVATH

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