WIEN. „Unsere Dienstleistungen fußen auf sehr spezifischen Verträgen. Schließlich sind wir ein ausgelagerter Teil der Produktion.“ Mit diesen Worten skizziert Peter Vanek, Geschäftsführer der Gefco Österreich GmbH, das anspruchsvolle Anforderungsprofil der Großindustrien im Verhältnis zu den Dienstleistern aus der Logistikbranche. Deren Bedeutung wächst in jenem Ausmaß, in dem der Kostendruck an den einzelnen Werkstandorten der Hersteller von Industriegütern steigt. Immer öfter gibt auch Platzmangel den Anlass zum Outsourcing von integrierten Servicefunktionen in der Transport-, Lager- und Distributionslogistik, wobei die damit verbundenen Sachverhalte einigermaßen kompliziert sind.
Peter Vanek beschreibt das anhand eines x-beliebigen Beispiels. Dabei erwartet der potenzielle Auftraggeber eine taktgenaue Versorgung der Produktion mit Bauteilen sowie Komponenten, und das nach Möglichkeit bei von Jahr zu Jahr leicht reduzierten Kosten. Dabei sollen der Lagerstand und der Aufwand für die Transportlogistik so gering wie möglich gehalten werden. Das ließe sich in einem optimalen Umfeld wahrscheinlich darstellen. Aber momentan sind die Rahmenbedingungen in Europa alles andere als günstig. Der immer wahrscheinlicher werdende „Hard Brexit“ schürt die Verunsicherung in zahlreichen Industrien. In manchen Ländern treten die Folgen der Versäumnisse bei der Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur immer offensichtlicher zu Tage. Und dann sind da noch die verschärften Sozialvorschriften und laufenden Erhöhungen der Lkw-Mauten im gewerblichen Güterverkehr.
Dadurch bedingt benötigt jeder Großkunde von Gefco Österreich eine ganz spezifische Logistiklösung, die man nur durch die Einbettung in das weltweite Netz der Gefco Group darstellen könne, wie Peter Vanek ausdrücklich betont. Es folgt der Hinweis auf die hohen Ansprüche im Hinblick auf die Steuerung und physische Abwicklung der Warenflüsse sowie das Management der begleitenden Informationen in Echtzeit. Eines lässt sich ohne das andere schwer darstellen, wobei vor allem die Investitionen in die länderübergreifenden IT-Applikationen enorm sind. Erschwerend hinzu kommen die steigenden Flexibilitätsanforderungen, wobei in bestimmten Industriekreisen das Verhältnis zwischen den Aufwänden für die Logistikdienstleister und der Bereitschaft zur Vergütung von deren Servicefunktionen auseinander driftet.
Was das heißt, erläutern die Spezialisten von Gefco Österreich am Beispiel der „Gelbwesten“ in Frankreich. Ihre Streikaktionen haben in den vergangenen Monaten den öffentlichen Verkehr in der „Grande Nation“ phasenweise lahmgelegt. „Dann mussten wir umgehend unsere Notfallpläne zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit unserer Kunden aktivieren“, berichtet Peter Vanek. Dem gegenüber steht in manchen Unternehmen die Erwartungshaltung, dass derartige ergänzende Logistikfunktionen gratis bereitgestellt werden. Wenn sich diese Annahme auf breiter Front durchsetzt, dann müssen sich die Frachtführer, Speditionen, 3PLs/4PLs beim bevorstehenden „Brexit“ warm anziehen.
Das bestärkt Peter Vanek in der Ansicht, „wonach auch ein Unternehmen in unserer Größenordnung heute alle erdenklichen Produkte in den Bereichen Transport, Lagerhaltung, JIT/JIS-Werksversorgung, Warenausgang per Lkw-Transport, Luft- und Seefracht sowie Distribution anbieten und dabei den Anspruch der Kostenführerschaft erheben muss“. Dafür sorgen sogenannte „Shared Service Center“ für annähernd deckungsgleiche Servicefunktionen in Bulgarien und Portugal, woraus nachhaltige Bündelungseffekte resultieren. Begleitend dazu hat bei Gefco die Digitalisierung der Prozesse bereits das Stadium der vollkommen automatisierten Abwicklung der Ein- und Ausgangsrechnungen unter Einschluss des Debitorenmanagements erreicht und prüfen spezialisierte Teams laufend die Chancen für neue IT-Projekte.
Nur auf der Grundlage von derartigen Bündelungseffekten könne man in Österreich auch in Zukunft umfassende Konzepte für die getaktete Ver- und Entsorgung von großen Industriestandorten bereitstellen, ist Peter Vanek überzeugt. Für jeden anderen Denkansatz sei man als Landesgesellschaft mit aktuell 40 Mitarbeitenden an den Standorten Wien, Hafen Wien, Spillern, St. Valentin und Graz mit zuletzt 30 Mio. Euro Jahresumsatz zu klein. Jedoch lägen gerade im Geschäftsfeld Warehousing/Sequenzierung, auf das etwa 20 Prozent der erlösseitigen Einnahmen entfallen, die größten Wachstumschancen. Etwa 50 Prozent das Jahresumsatzes erzielt Gefco Österreich mit den Tätigkeiten in der Fahrzeuglogistik für die Kunden Peugeot, Citroen und Opel, gefolgt von der Division Overland (FTL, LTL, Stückgut in Zusammenarbeit mit Q Logistics, Luft- und Seefracht) mit 30 Prozent.
Was Gefco Österreich in der Kontrakt- oder Industrielogistik zu leisten imstande ist, zeigt die Tätigkeit für das Montagewerk des Traktorenherstellers CNH in St.Valentin. „Hier organisieren wir über ein nahegelegenes vorgeschobenes Lager die taktgenaue Versorgung der Produktion mit Tanks, Achsen, Motoren, Auspuffkomponenten, Stoßfängern und verschiedenen anderen Bauteilen für 45-47 Landmaschinen am Tag“, berichtet Peter Vanek. Teilweise umfasse der Leistungsumfang auch die Koordination der internationalen Transporte zum Logistikzentrum. Im ausgehenden Verkehr koordiniere man seit zwei Jahren die Containerstauung und Versandabwicklung der Traktoren für den australischen Markt. Sie wurden früher mit RoRo-Carriern verschifft. Die Umstellung auf den Containerverkehr brachte dem Auftraggeber mehr Flexibilität bei der Hafenwahl – dies begleitend von deutlichen Kostensenkungen!
JOACHIM HORVATH