Industrieproduktion: Erneuter Rückgang in Österreich

Neue US-Zölle treffen Branchen in ohnehin kritischer Lage besonders hart; Auftragseingänge sind seit 2023 um mehr als 10 Mrd. EUR gesunken.

Industrieproduktion: Erneuter Rückgang in Österreich Bild: API Paperchem

„Die Lage der österreichischen Industrie ist dramatisch. Wir befinden uns mitten im Prozess der Deindustrialisierung“, so Siegfried Menz, Obmann der Bundessparte Industrie in der WKÖ. Bei einer Pressekonferenz zur Industriekonjunktur untermauerte er die besorgniserregende Situation mit Zahlen aus der aktuellen Branchenerhebung der WKÖ-Bundessparte Industrie-

Demnach ist Österreichs Industrieproduktion 2024 um weitere 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Von den letzten 24 Monaten waren 23 Monate rückläufig, mit dem Juli 2024 gab es nur einen Monat mit einem Plus.

Eine weitere Kennzahl betrifft die Auftragseingänge der Industriebetriebe: Auch diese bezeichnet Bundessparten-Geschäftsführer Andreas Mörk als „desolat“: 2024 wurden mit Aufträgen im Wert von 128 Mrd. EUR noch weniger neue Fertigungsaufträge verzeichnet als im Jahr davor bzw. 2022. Der Rückgang beträgt damit seither schon mehr als 10 Mrd. EUR. Davon besonders betroffen sind die Branchen Fahrzeugindustrie, Bergwerke/Stahl sowie die Elektro- und Elektronikindustrie.

De facto wirken sich diese Rückgänge besonders drastisch im Bereich der energieintensiven Betriebe aus: „Produktionseinschränkungen von Drei- auf Ein-Schicht-Modelle sind dort immer öfter notwendig, aber aufgrund des hohen Energieaufwanden nicht mehr kostendeckend machbar“, schilderte Branchensprecher Andreas Mörk aus der Praxis.

Das hat auch einen Rückgang der Beschäftigten in der österreichischen Industrie zur Folge: Bei den Leasing- oder Leiharbeitskräften beträgt der Rückgang 15,6 Prozent, bei den direkt bei den Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 1,9 Prozent. Weniger Arbeitsplätze gab es 2024 in der Elektro- und Elektronikindustrie, der Holzindustrie, der metalltechnischen Industrie, der Fahrzeugindustrie sowie der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie.

Auch die Aussichten sind laut den Umfrageergebnissen im ersten Quartal 2025 zufolge düster und besorgniserregend: In allen 16 Fachverbänden der WKÖ-Bundessparte Industrie drohen weitere Produktionseinbußen und Beschäftigungsabbau. Der Produktionsrückgang könne allenfalls gebremst, nicht aber gestoppt werden.

Laut einer OGM-Umfrage besorgt die Krise der Industrie auch die Menschen in Österreich: 84 Prozent der Befragten fürchten Deindustrialisierung und Jobverlust. 91 Prozent sehen durch die Abwanderung von Industriebetrieben auch andere Sektoren gefährdet. Als Ursachen werden hohe Energiekosten (79 Prozent), überbordende Bürokratie (72 Prozent) und steigende Lohnkosten (59 Prozent) genannt.

Die neuen zusätzlichen US-Zölle treffen Wirtschaftsbereiche in einer ohnehin kritischen Situation wie die verarbeitende Industrie besonders hart und stellen gerade für ein exportorientiertes Land wie Österreich eine äußerst negative Entwicklung dar, zumal die USA ein wichtiger Wachstumsmarkt für die heimische Exportwirtschaft sind. Exportintensive Industrien sind nicht nur direkt, sondern auch indirekt durch US-Zölle gegenüber anderen Handelspartnern wie Mexiko, Kanada, China oder Japan betroffen.

www.wko.at

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